Hamburg. Andrea David hat ein Buch über ihre Reisen zu Drehorten geschrieben – mit Anekdoten und Tipps. Am 23. März ist sie im Zeise-Kino.

Eine Nacht im Stanley Hotel verbringen, in dem Jack Nicholson in „Shining“ den Verstand verlor und seine Familie attackierte, auf Hogwarts auf den Spuren von Harry Potter wandeln oder sich von Möwen am Drehort von Hitchcocks „Die Vögel“ aus der Ruhe bringen lassen: Andrea David hat all das erlebt – und einen Beruf daraus gemacht.

Die Hamburgerin, Jahrgang 1977, ist professionelle Filmtouristin mit mehr als 830.000 Followern bei Instagram, umfangreicher Website und jetzt auch einem Buch zum Thema, das sie am 23. März im Zeise-Kino vorstellt.

Hamburger Filmtouristin schreibt Buch – alles begann mit einer Reise nach Schottland

Alles beginnt 2004, damals studiert David noch in München Touristik, während einer Urlaubsreise nach Schottland. In den dortigen Highlands kommt sie zufällig an den Drehorten für „Braveheart“ und „Highlander“ vorbei und ist fasziniert davon, dass es diese Film-Locations tatsächlich gibt. Wieder daheim, beschließt sie, zu diesem Thema ihre Diplomarbeit zu schreiben – und wird den Filmtourismus-Virus fortan nicht mehr los. Bald reist sie gezielt an Drehorte weltweit, stellt 2007 eine Website zum Thema online („Das war noch eine ziemlich simple Datenbank“) und macht sich damit beruflich selbstständig.

Die erste große Tour führte sie später nach North Carolina – dorthin, wo unter anderem die Serie „Dawson’s Creek“ und „insbesondere Dirty Dancing“ gedreht worden waren. In ihrem Buch „Szene für Szene die Welt entdecken“ berichtet An­drea David ausführlich davon, etwa von der verblüffenden Erkenntnis, dass der See, an dem Baby (Jennifer Grey) und der Tanzlehrer Johnny (Patrick Swayze) ihre Liebe füreinander entdecken, gar nicht mehr existiert.

Er ist versickert – und überhaupt hat das Kellerman’s Ressort, in dem der Film spielt, eine kuriose Geschichte. Ursprünglich sollte nämlich anderswo gedreht werden, im Lake Lure Inn & Spa. Doch das Hotel-Management lehnte ab. Der Filmtitel „Dirty Dancing“ klang zu schlüpfrig, man befürchtete einen Imageschaden und ließ lediglich zu, dass Schauspieler hier übernachteten.

Zu Drehorten reisen: Auch Tourismusbüros haben das Potenzial erkannt

Eine krasse Fehleinschätzung, zehrt doch der tatsächlich Drehort, die Mountain Lake Lodge, noch mehr als 30 Jahre später von seinem Kinoruhm und lockt jedes Jahr Massen von Filmfans an. „Wenn man den Film nicht kennt, kann ein Ort völlig unbedeutend sein“, sagt Andrea David. „Doch wenn man ihn gesehen hat, bekommt dieser Ort eine besondere Aura – obwohl die Geschichte, die sich mit ihm verbindet, natürlich fiktiv ist.“

Andrea David: „Szene für Szene die Welt entdecken“, Conbook, 288 Seiten, 19,95 Euro
Andrea David: „Szene für Szene die Welt entdecken“, Conbook, 288 Seiten, 19,95 Euro © Copyright Forrest Gump © Paramount Pictures | Copyright Forrest Gump © Paramount Pictures

Nachdem die Eimsbüttelerin in den ersten Jahren ihre Reisen noch komplett selbst organisiert hatte, wird sie inzwischen längst auf Pressereisen eingeladen. Schließlich haben nicht nur Filmverleiher, sondern auch Tourismusbüros in aller Welt erkannt, welches Potenzial in den Sehnsüchten der Filmfans steckt. Die ersten Kunden, die auf ihrer Website Banner-Werbung buchten, kamen aus Neuseeland und wollten Touristen an die Drehorte von „Der Herr der Ringe“ locken.

Hamburger Filmtouristin: Persönliches Highlight war „Dallas“

Erfahrungen wie einst im hessischen Kloster Eberbach, in dem kein Hinweis auf den Dreh von „Der Name der Rose“ zu finden war, sind heute eher die Ausnahme. Nicht nur im Kloster, in dem es inzwischen thematische Führungen und sogar Filmvorführungen gibt, hat man dazugelernt – auch dank Andrea David und ihrem nie versiegenden geradezu detektivischen Interesse.

Nach ihrem persönlichen Highlight befragt, muss sie nicht lange überlegen: „Dallas“. Zum 40. Jubiläum der Serie flog sie in die USA und besuchte in Texas nicht nur die legendäre Southfork Ranch der Familie Ewing, sondern traf dort auch Patrick Stewart alias Bobby, Linda Gray (Sue Ellen), Charlene Tilton (Lucy) und Steve Kanaly (Ray). „Ich war noch ein Kind, als ich die ersten ,Dallas‘-Folgen sah“, erinnert sich Andrea David. „Jetzt die Darsteller zu treffen, das war wie ein Blick ins Familienalbum. Ich hatte vier Tage lang eine Gänsehaut.“

Reise zu Drehorten birgt Spoiler-Gefahr

War dies ein Pressetermin, organisiert durch die bereuende Agentur, ist Andrea David doch nach wie vor häufig auf die eigene Vorbereitung und ihre Navigationsfähigkeiten vor Ort angewiesen. Das bedeutet: im Vorwege die Filme noch einmal konzentriert schauen und Screenshots von markanten Szenen machen, um dann exakt den Drehort identifizieren zu können; hilfreich ist dabei Google Streetview. Natürlich geht auch mal etwas schief, ist ein Gebäude inzwischen abgerissen oder eine Szenerie einst nur für den Film temporär aufgebaut worden.

Und dann ist da bei Serien noch die Gefahr, vor Ort zu viel zu erfahren. „Als ich auf den Spuren der Serie ,Homeland‘ das Haus der Hauptfigur Brody besuchte, fragte ich, ob es aktuell noch für Dreharbeiten genutzt werde“, erinnert sich Andrea David. „Nicht mehr, seit er tot ist“, bekam sie zur Antwort, die von diesem markanten Wendepunkt der Handlung noch nichts wusste, weil die entsprechende Folge in Deutschland noch nicht ausgestrahlt worden war. „Da habe ich mich wahnsinnig über mich selbst geärgert.“

Doch meist sind ihre filmtouristischen Reisen ein Grund zur Freude, auch für ihren Mann, der ebenfalls aus der Tourismusbranche kommt. Und für ihren elfjährigen Sohn, der natürlich begeistert ist, wenn es etwa zu den Drehorten von „Harry Potter“ oder „Star Wars“ geht.

Hamburger Filmtouristin stellt Lieblingsfilm im Zeise Kino vor

Andrea Davids Buch, das demnächst auch auf Englisch erscheinen soll, ist für Filmfans unabhängig vom Alter ein Sehnsuchtsbeförderer. Ob „Thelma & Louise“, „Rocky“ oder „Der weiße Hai“, ob „Game Of Thrones“, „Downton Abbey“ oder Tarantinos „Inglourious Basterds“: Zu der riesigen Anzahl von Filmen gibt es nicht nur bisweilen recht amüsante Reiseberichte, sondern auch seitenweise ganz konkrete Reisetipps (sogar mit GPS-Navigationsdaten wenn es sich nicht um eine konkrete Adresse handelt). Noch viel mehr, ständig aktualisiert, findet sich auf ihrer Website.

Andrea David auf dem Eisernen Thron von „Game of Thrones“
Andrea David auf dem Eisernen Thron von „Game of Thrones“ © Andrea David | Andrea David

Im Zeise-Kino stellt Andrea David, die übrigens auch regelmäßig die Locations für die Hamburg-Reihe „Eine Stadt sieht einen Film“ sichtet, am 23. März einen ihrer Lieblingsfilme vor, der in einer besonders beeindruckenden Location gedreht wurde: Steven Spielbergs „Jurassic Park“ entstand auf Hawaii. „Das ist er wohl, der Kinohimmel“, schreibt sie im Buch über ihren dortigen Besuch – und wird live viel zu erzählen haben.

„Jurassic Park“ Do 23.3., 20.00, Zeise-Kino mit Einführung von Andrea David; die Autorin im Internet: filmtourismus.de