Hamburg. Im Altonaer Museum erklärt eine Ausstellung, wie Orientierung funktioniert, von der Seefahrt bis zum Navi.
Wie komme ich von hier nach dort? Diese Frage beschäftigt alle Menschen jederzeit, ob Seefahrer, die ihren Kurs abstecken, man eine Reise plant oder Kinder ihren Weg zur Schule finden wollen. Orientierung ist ohnehin das Zauberwort in diesen unruhigen, krisengeschüttelten Zeiten, die einen oft das Ziel vor Augen vermissen lassen. Das Altonaer Museum hat sich auf den Weg gemacht, um dem Urbedürfnis des Sich-Zurechtfindens auf den Grund zu gehen und die Entwicklung von Kompass und Karte bis zu Navi und Google Maps aufzuzeigen.
Warum ist Orientierung so wichtig, wie bewege ich mich im Stadtraum, woher kennen Schiffslotsen den richtigen Weg, und wie funktioniert eigentlich Navigation? Ausgehend von diesen Fragen entwickelten die Kuratorinnen Vanessa Hirsch und Ursula Richenberger „Von hier nach dort. Unterwegs mit Kompass und Navi“.
Ausstellung gibt einen Vorgeschmack auf das Deutsche Hafenmuseum
Die Wanderausstellung, die in Kooperation mit dem Focke Museum Bremen, dem Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven und dem Europäischen Hansemuseum Lübeck entstanden ist, ist auch ein Vorgeschmack darauf, was uns künftig im Deutschen Hafenmuseum, das derzeit im Aufbau ist, erwarten wird: „Für Hamburg als Stadt des Hafens und weltweiten Handels ist das Thema natürlich enorm wichtig“, sagt Vanessa Hirsch. Allein historisch gäbe es so viele faszinierende Aspekte und kostbare, bisher wenig gezeigte Exponate aus den Sammlungen.
„Wir hätten anstatt der jetzt 800 Quadratmeter großen Fläche auch locker das Dreifache bespielen können.“ Doch auch so fächert die Schau sehr eindrucksvoll das ganze Spektrum auf. „Von hier nach dort“ ist explizit als Familienausstellung konzipiert und für Kinder von acht bis zwölf Jahren geeignet. Damit nicht nur maritim interessierte Erwachsene den Weg da durch finden, steht ein Navigations-Team aus acht Fantasie-Charakteren den jüngeren Besucherinnen und Besuchern zur Seite.
Altonaer Museum: Mitmachstationen für Kinder
Zum Beispiel Ansgar, der Steuermann. Auf der Fahrt beobachtet er den Himmel, das Meer und die Küste immer ganz genau. Er zeigt dem Publikum, wie verschiedene Navigationsgeräte arbeiten. Ayla, die Seglerin, verlässt sich auf dem Wasser auf ihr GPS (Global Positioning System). Sie kann aber auch mit dem Sextanten ihre Position bestimmen und erklärt, wie das geht. Chris, der Skater, findet immer den schnellsten Weg, egal ob mit Bus, U- oder S-Bahn. Er zeigt, wie und woran man sich in der Stadt orientieren kann.
Rufus, der Storch, weiß immer genau, wo es langgeht, denn er hat einen eigenen Kompass im Kopf, der ihm die Himmelsrichtung anzeigt. Wie so ein Gerät funktioniert? Auch das weiß Rufus. An Mitmachstationen, die in den farblich gekennzeichneten Themenkomplexen verteilt stehen, können Kinder und Jugendliche sich Informationen und Geschichten über Kopfhörer anhören, Spiele spielen oder selbst eine Schatzkarte anfertigen und auf diese Weise eine Rallye durch die Ausstellung machen.
Die Erwachsenen können sich derweil an den Wandtafeln in einzelne Kapitel vertiefen. „Und anschließend können sich alle über das neue Wissen austauschen, so lernt jeder von jedem“, sagt die Kuratorin. Statt eines Ausstellungskatalogs gibt es ein Begleitbuch mit vielen spannenden Infos und Aufgaben rund um das Thema, es ist im Museumsshop erhältlich.
Orientierung auf hoher See als Schwerpunkt
Ein Schwerpunktthema der Ausstellung ist die Orientierung auf hoher See. Hier erfahren Besucherinnen und Besucher, wie die Standortbestimmung durch astronomische Navigation funktioniert und dass dafür wichtige Instrumente und Karten in Altona und Nordfriesland hergestellt wurden (auf Föhr war der Walfang ein wichtiger Wirtschaftsfaktor). Das 1837 gegründete Hamburger Unternehmen C. Plath war berühmt für nautisches Gerät wie Sextanten und Kompasse.
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Wer etwas auf sich hielt, ließ sich von der im Hafen ansässigen Firma ausstatten – die Produkte wurden dann per Barkasse direkt an Bord gehievt. Im Zweiten Weltkrieg belieferte C. Plath die deutsche Wehrmacht, nach 1960 wurden Navigationssysteme für Bundeswehr-Kampfflieger entwickelt. Heute gehört die Firma zum US-Konzern Sperry Marine.
Autonome Autos und fahrerlose Lkw im Container Terminal Altenwerder
Dass in Hamburg die älteste Navigationsschule Deutschlands saß, aktuell nur zwei Frauen in der Lotsenbrüderschaft tätig sind und die Hamburger Sternwarte nicht nur angehenden Seeleuten Wissen vermittelte, sondern auch bis 1934 das Signal für den berühmten Zeitball im Hafen sendete, dürfte für viele neu sein. Täglich um 13 Uhr fiel ein großer Ball von einem Turm am Kaispeicher A, dort, wo heute die Elbphilharmonie sitzt.
So konnten Seeleute im Hafen ihre Borduhren auf die Sekunde genau einstellen. Und es wird vom Untergang der „Pamir“ berichtet: Das Segelschulschiff war 1957 in den Hurrikan „Carrie“ geraten und in der Nähe der Azoren gesunken. Der letzte Funkspruch gab den genauen Standort der Viermastbark an, so kam es zu einer der größten Seenotrettungsaktionen der Geschichte. Dennoch konnten lediglich sechs der 86 Besatzungsmitglieder gerettet werden.
Ausstellung: Orientierung von Containern am Hafen
Wohin die technische Entwicklung in der Navigation geführt hat, wird am Ende der Ausstellung aufgezeigt: So bewegen sich schon jetzt autonome Fahrzeuge im Nahverkehr, finden Container im Hafen ihren Weg wie von selbst und steuern selbstfahrende Lkw im Container Terminal Altenwerder ihre Position fahrerlos an, Containerumschlag inklusive.
„Von hier nach dort. Unterwegs mit Kompass und Navi“ bis 17.7.2023, Altonaer Museum (S Altona), Museumstraße 23, Mo, Mi–Fr 10.00-17.00, Sa/So 10.00-18.00, Eintritt 8,50/5,- (erm.), www.shmh.de. Buch zur Ausstellung: „Von hier nach dort“ von Martin Verg, Moses Verlag, 12,95 Euro