Hamburg. Bei einer Premiere in Wien wurde ein namhafter Kandidat für die Intendanz ins Spiel gebracht. Die Weichen scheinen gestellt zu sein.
Dass Staatsopern-Intendant Georges Delnon seine Amtszeit nicht über das Jahr 2025 hinaus verlängern möchte, war seit längerem bekannt. Seinen Vertrag hatte der Schweizer – synchron zu Generalmusikdirektor Kent Nagano – bereits 2017 bis zu diesem Termin erneuert.
Nun bringt die Tageszeitung „Die Welt“ nach dem Besuch der Premiere von Rossinis „La gazza ladra“ im Theater an der Wien deren Regisseur als Kandidat für die Delnon-Nachfolge ins Spiel: Tobias Kratzer, 42 Jahre jung, in Landshut geboren.
Kulturbehörde: Verträge von Nagano und Delnon laufen aus
Der Vertrag sei fertig, Kratzer würde deswegen anderenorts Regie-Aufträge absagen, heißt es. Für Kratzer wäre dieser Wechsel in die Chef-Etage ein Karriere-Fortschritt. Er hat bislang keine Leitungsposition an einem Opernhaus oder Theater innegehabt, das Hamburger Haus an der Dammtorstraße kennt er bislang nur von außen.
Die Hamburger Kulturbehörde reagierte am Sonnabend zurückhaltend auf diese Spekulation. Ihr Sprecher Enno Isermann entgegnete: „Das Besetzungsverfahren läuft noch und ist noch nicht abgeschlossen. Solange kann ich Namen weder bestätigen noch dementieren. Kent Naganos Vertrag als Hamburgischer Generalmusikdirektor läuft bis zum Ende der Spielzeit 2024/25. Diesen Vertrag wird er erfüllen. Seine Amtszeit als GMD endet einvernehmlich zeitgleich mit der Intendanz von Georges Delnon an der Staatsoper. Kent Nagano wird dem Philharmonischen Staatsorchester auch nach 2025 verbunden bleiben. Die Möglichkeiten dafür loten wir derzeit im gemeinsamen Gespräch aus.“
Tobias Kratzer machte mit dem Bayreuther „Tannhäuser“ auf sich aufmerksam
Viele Opern-Fans dürften 2019 auf Kratzers Regie-Handschrift aufmerksam geworden sein, durch seine geistreich modernisierte Road-Movie-Perspektive auf Wagners „Tannhäuser“ bei den Bayreuther Festspielen, die bei Publikum und Kritik gleichermaßen gut ankam.
Kratzer studierte Schauspiel- und Opernregie an der Bayerischen Theaterakademie August Everding, wo er unter anderem Brecht/Weills „Die sieben Todsünden und Verdis „La Traviata“ inszenierte. 2008 trat er beim internationalen Regiewettbewerb ring.award in Graz unter den Pseudonymen Ginger Holiday und Nedko Morakov gegen sich selbst an und erhielt für seine „Rigoletto“-Inszenierung den 1. Preis sowie alle im Rahmen des Wettbewerbs vergebenen Sonderpreise.
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2015 war Kratzer für eine „Meistersinger“-Produktion in Karlsruhe für den Theaterpreis „FAUST“ nominiert, 2018 erhielt er die Auszeichung für eine „ Götterdämmerung“ in Karlsruhe, dafür wurde er auch „Opernregisseur des Jahres“. Im Juli 2023 steht in Frankfurt eine Inszenierung von Rudi Stephans „Die ersten Menschen an, für 2024 ist ein „Ring“ an der Bayerischen Staatsoper in München geplant.