Das Trio aus Bayern will nach langer Pause mit dem Album „Jeder nur ein X“ ein Comeback feiern. Aber nicht jeder Song verdient Lob.
Natürlich besteht überhaupt kein Zusammenhang. Dass die Sportfreunde Stiller ausgerechnet eine Woche vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ihr neues Album „Jeder nur ein X“ veröffentlichen? Zufall. Das stellte auch Sänger Peter Brugger gegenüber der Deutschen Presse-Agentur klar: „Mit dieser WM können wir uns nicht identifizieren. Sie zeigt die Verrohung des Kapitals. Das ist schon pervers.“
Trotzdem ist es im Rückblick interessant, dass das Rock-Trio aus München, das neben „54, 74, 90, 2006“ diverse Rasenball-affine Songs („Ich, Roque“) schrieb, genau in dem Jahr eine lange Pause einlegte, als auch für die Nationalmannschaft eine qualitative Auszeit begann: 2016.
Aber sechs Jahre später sind zumindest die Sportfreunde Stiller wieder in alter Form, so wie sie 1995 auf den Platz gingen und mit den ersten Alben „So wie einst Real Madrid“ (2000), „Die gute Seite“ (2002) und „Burli“ (2004) durchstarteten. Vier weitere Alben erschienen bis „Sturm & Stille“ (2016) und landeten immer auf dem Charts-Treppen – in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Das nennt man konstantes Abliefern.
Durch die Tür hinaus, zur linken Reihe, jeder nur ein Kreuz.
Auf „Jeder nur ein X“, im Titel eine Hommage an Monty Pythons „Das Leben des Brian“, herrschen weiterhin einfache wie eingängige Arrangements zwischen Indie, Pop-Punk und etwas eingeschummelte Elektronik (in „Spektakulär“ oder „Drama mit dem Karma“) vor.
Und Peter Brugger behält seine Vorliebe für Wortspiel-Blutgrätschen („Früher war schon alles immer nicht besser“) und Reime mit der Brechstange („Ich würd’ gern Architekt sein, es muss ja nicht Neuschwanstein“). Wem diese Stilblüten bislang auf die Nerven gingen, wird auch dieses Mal viele Kreuze zu schleppen haben. Wer aber seit dem Hit „Ein Kompliment“ (2002) dabei ist, wird auch nach 20 Jahren nur mal eben sagen, dass diese Band das Größte für ihn oder sie ist.
Sportfreunde Stiller: „Auf St. Pauli!"
Highlights des Albums sind eigentlich die schnörkellosen, geradewegs ins Herz oder auf die Mitsing-Laune zielenden Nummern „Hand in Hand“ und „Ich scheiss auf schlechte Zeiten“, und auch die obligatorische Fußball-Nummer geht in Ordnung: „Ich habe keine Angst, das wird schon gut gehen, und wenn sie doch mal kommt, hol ich Ibrahimovic“ – den schwedischen Lautsprecher, der nicht mal vor Gott Angst hat; er hält sich ja für einen.
- Sasha in Hamburg: Eine großartige Quatsch Comedy Pop-Show
- Peter Gabriel kommt nach Hamburg: Wo es vorab Karten gibt
- Was DJ Bobo mit den Backstreet Boys in Hamburg unternahm
Einen Extrapunkt gibt es auch für die Zeile „Auf St. Pauli! AC/DC! Kriege und Bomben sind krank“ in „Du bist eine Bank“. Aber beim eigentlich todtraurig gemeinten „Schwer ums Herz“ kommt Bruggers wenig variabler und, was solche Emotionen betrifft, ausdruckschwacher Gesang doch an seine Grenzen. Ein Album, das mal Darmstadt (Tabellenführer) ist und mal Bielefeld (Tabellenletzter), aber immer zweite Liga. Was okay ist. Gerade aus Hamburger Sicht.
Sportfreunde Stiller: „Jeder nur ein X“ Album (Vertigo Berlin/Universal Music) im Handel Konzert: So 8.5., edel-optics.de Arena, Karten zu 53,30 im Vorverkauf; www.sportfreunde-stiller.de