Hamburg. Die neue Reihe hatte Premiere im Ernst Deutsch Theater. Mit gleich sieben prominenten Gästen – und einem neuen Co-Moderator.
„Süßes oder Saures?“ Die Frage, die Scharen von schwarz bis grell kostümierten Hamburger Kindern an fremden Türen am Abend des 31. Oktober Erwachsene richteten, stellte sich im Ernst Deutsch Theater nicht unmittelbar. Das traditionsreiche Haus an der Mundsburg hatte zu Halloween jedoch das Motto „Wahnsinn trifft Methode“ auf den Spielplan gesetzt.
Unter jenem Titel hatte die ungewöhnliche Gesprächsreihe sieben Jahre lang im Nachtasyl gastiert, in der Bar oberhalb des Thalia Theaters. Am Reformationstag fand sie nun eine neue Heimat im Ernst Deutsch Theater, zunächst dreimal in der laufenden Spielzeit, wie Intendantin Isabella Vértes-Schütter zur Begrüßung ankündigte.
Ernst Deutsch Theater: Tagesschau-Sprecherin moderiert
Auf der Bühne des sehr gut besuchten großen Saals gruppierten sich die bewährten Moderatoren Julia-Niharika Sen („Tagesschau“, „NDR Hamburg Journal“) und Hamburgs Uni-Alterspräsident Prof. Dr. Dieter Lenzen zunächst um einen eigens für die Show errichteten Kiosk, betrieben von Abendblatt-Chefredakteur, „Störenfried“ (Vértes-Schütter) und Co-Fragesteller Lars Haider.
Bevor der nach fast 90 Minuten zur Pause Tütchen mit veganen Süßigkeiten verteilen ließ, galt es, den einen oder anderen Drops zu lutschen, aber auch Erhellende und Bewegendes zu verarbeiten.
Ernst Deutsch Theater: Schauspielerin Saskia Fischer zu Gast
Zum Krisen-Oberthema „Alles wird gut!?“ hatten die drei Moderatoren nämlich gleich sieben Gäste aus Kultur, Wissenschaft und Alltagswelt geladen. Unter dem von Lenzen gern propagierten Motto „Wissenschaft in die Stadt tragen“ rezitierte Saskia Fischer akzentuiert und pointiert nicht nur Marc Aurels 1850 Jahre alte „Selbstbetrachtungen“ und aus Herman Melvilles Roman „Moby Dick“.
Die auch aus der ARD-Serie „Großstadtrevier“ bekannte Schauspielerin erzählte auf Nachfrage Sens, wie präsent der Ende 2019 gestorbene populäre Jan Fedder dort noch immer sei: „Jan hat noch immer sein Büro, er ist nicht weg.“
Anna Depenbusch hat wieder angefangen zu studieren
Die Hamburger Liedermacherin Anna Depenbusch teilte sich mit Abendblatt-Chef Haider den Kiosk auf der Drehbühne, sang und spielte am Klavier gleich mehrere Lieder und offenbarte zur Freude Lenzens, dass sie in Lockdown-Zeiten parallel zur Musik wieder zu studieren angefangen habe, an der Uni Hamburg das Fach „Philosophie der Physik“.
Depenbuschs Lied „Alles auf Null“ war eine passende Überleitung zum Gespräch mit der dänischen Paartherapeutin und Sexologin Ann-Marlene Henning. Sie berichtete ausführlich und bewegend von ihrer Corona-Infektion und dem Kampf gegen ihre Post-Covid-Erkrankung.
Psychologin Oettingen: Purer Optmismus hilft nicht
„Alles wird gut!!?“ Für Psychologin Gabriele Oettingen ist positives Denken zwar „ein Seelenpflaster“, sie räumte jedoch damit auf, dass purer Optimismus helfe, eigene Ziele zu erreichen. Weg also mit Tagträumen! Die Professorin, die an der New York University und an der Uni Hamburg lehrt und forscht, stellte die von ihr entwickelte „WOOP“-Methode vor, eine Technik, die dabei helfen soll, seine Ziele zu erreichen. Unterteilt in Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis), Obstacle (Hindernis), Plan.
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Wie beim positiven Denken stellt man sich die Erfüllung eines Wunsches vor, fragt sich aber auch: Was steht mir im Weg, um diesen Wunsch tatsächlich umzusetzen? Hindernisse können Emotionen wie Angst oder Ärger sein, irrationale Überzeugungen oder auch schlechte Angewohnheiten, lehrte die Professorin. Die Mehrheit des Publikums im Saal machte Oettingens fünfminütige Imaginationsübung mit, der Beifall war ihr gewiss.
Biologin Helena Herr: „Wale machen glücklich!“
Ebenso wie zum Auftakt des zweiten Teils Autorin Mona Harry. Die seit einem Jahrzehnt erfolgreiche Poetry-Slammerin aus Kiel begeisterte auch an der Mundsburg mit ihrer bekannten „Liebeserklärung an den Norden“. Und berichtete, dass das Wirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein ihren Vortrag vor Jahren von YouTube ohne Wahrung des Copyrights und Honorar für eine Imagekampagne heruntergeladen habe.
„Wale machen glücklich!“, das weiß die Biologin und Walforscherin Dr. Helena Herr. Sie erzählte lebhaft und anschaulich von ihrer Arbeit in der Antarktis mit Beobachtungen und Zählungen von Finnwalen.
Johannes Zink verrät Tipps zum Energiesparen
Praktische Tipps für den hiesigen Hausgebrauch gab schließlich der seit drei Jahrzehnten als Energieberater tätige Johannes Zink – sie reichten vom richtigen Duschkopf bis zum Wasserkocher. In Deutschland dusche jeder im Durchschnitt zehn Minuten, referierte Zink.
Fazit: Das geht deutlich kürzer. Genauso wie die mit drei Stunden überlange Erstausgabe von „Wahnsinn trifft Methode“ im Ernst Deutsch Theater. Weniger Gäste auf dem Podium wären mehr, der Erkenntnisgewinn nicht viel geringer.
„Wahnsinn trifft Methode“ wieder 23.1. 2023, 19.30, Ernst Deutsch Theater, Karten zu 15,- (erm. 7,50): T. 22 70 14 20; www.ernst-deutsch-theater.de