Hamburg. Die Amerikanerin ist: der Popzeitgeist. A-Ha waren das mal, und die Arctic Monkeys singen diesmal im Falsett.

Taylor Swift ist neben Beyoncé, Rihanna, Katy Perry und Adele die kommerziell erfolgreichste Popsängerin ihrer Generation. Für Indie-Kids ist sie also Bestandteil eines Kommerzquintetts des Grauens. Aber zuletzt, nach Kollaborationen mit Aaron Dessner (The National) und Justin Vernon (Bon Iver), hat Swift enorm an Kredibilität abseits des Mainstreams gewonnen. In dem ist sie aber weiter eine Königin, wie ihr neues, High-End-feines Album „Midnights“ (Universal) beweist: Ein Blockbuster im Zeitgeist-Sound Jack Antonoffs.

Der gilt als Produzentengenie und hat beispielsweise Lana del Rey zu neuer Größe verholfen. Auf „Midnight“, jenem Amalgam aus irgendwie auch R’n’B und Synthiepop, ist mit „Snow On the Beach“ ein tatsächlich fabelhaftes Duett der Pop-Chanteusen. Eine notorisch waidwunde Romantikerin wie Lana ist Miss Swift übrigens nicht.

In „Midnight Rain“ killt sie das paradiesische erste Glück: „I broke his heart/’cause he was nice“. Das passt. Swift bleibt die Meisterin des Modeboutiquensoundtracks, zu dem starke und schöne Frauen sich für den Erfolg dressen, der im Niemals-zurück-Blicken besteht.

Neues Album von A-Ha: "True North"

Was Swift für das 21. Jahrhundert ist, war A-Ha für das 20. – die Blaupause für radiotaugliche Popmusik. Das elfte Album der Oldtimer aus Norwegen heißt „True North (Sony) und bringt das Kunststück fertig, frisch zu klingen, ohne verzweifelt den jungen Leuten und ihren Soundmarotten hinterherzurennen. Unverkennbar A-Ha werden Songs wie „Bumblebee“ und „Make Me Understand“ durch Morten Harkets Stimme, die auch in den 80ern schon zeitlos war.

In Harket waren ganz früher auch alle Jungs verliebt. Jetzt ist er ein Best-Ager, der mit seinen Bandkollegen und schwelgerischen Landschaftsliedern im Kinoformat große Pläne verfolgt. „True North“ wurde mit Orchester in Nordnorwegen aufgenommen. Also da, wo sich Rentiere und wortkarge Nordmänner gute Nacht sagen.

Das glitzernd-getragene Album „True North“, das es nach Bruce Springsteens „Western Stars“-Vorbild auch mit Begleitfilm gibt, ist ein Wiegenlied für Popromantiker und die Erinnerung daran, dass es nie falsch sein kann, Skandinavier mit popmusikalischen Aufgaben zu betrauen. „Good sailors always return“, singt Harket einmal. Unser Tipp: A-Ha hören und dabei Dörte Hansens „Zur See“ lesen. Volle Power Norden, ey.

Die Arctic Monkeys kommen nach Hamburg

Die Arctic Monkeys nahmen ihr neues Album The Car (Domino Recordings) in einem ehemaligen Kloster in Suffolk auf. In London wurden dann Streicher dazugemischt. Der Vordenker der Band, Alex Turner, hat seiner Band schon auf „Tranquility Base Hotel & Casino“ (2018) den Rock brutal ausgetrieben. Mit vielen Versatzstücken aus 60s- und 70s-Rock, Loungepop, Soul und barocker Instrumentierung marschiert das neue Album nun in genau dieselbe Richtung. Was nicht alle freut, aber konsequent ist.

Turner, der bereits vor vielen Jahren mit den Last Shadow Puppets ein Ventil für seine filmischen Arrangements und sein Scott-Walker-Faible gefunden hat, singt auf dem neuen, irre atmosphärischen Album oft im Falsett. Jedes Stück auf diesem ambitionierten Werk ist delikat, aber es ist schade, dass die erste, sagenhafte Single „There’d Better Be A Mirror Ball“ der mit Abstand beste Song ist.

Ein Trennungssong, der einen auf ein schwelgerisches Meisterwerk wie Bacharach/Costellos „Painted From Memory“ hoffen ließ; allerdings wäre das Turner wohl zu langweilig gewesen. Als Texter beherrscht er sein Handwerk: Alles so schön vieldeutig hier. Die Arctic Monkeys spielen am 27.4.2023 in der Sporthalle.