Hamburg. Theater das Zimmer zeigt zum Saisonstart mit „Wenn im Stundenglas der Sand mal klumpt“ eine originelle Betrachtung über das Thema Zeit.
Kinder, wie die Zeit vergeht, ist ein geflügeltes Wort. In der Corona-Zeit, insbesondere während des ersten Lockdowns 2020, tickten die Uhren anders. Damals entstand bei der Autorin Tilla Lingenberg, der Schauspielerin Sandra Kiefer und der Regisseurin Friederike Barthel die Idee, sich der Zeit theatral zu widmen. Weil alle drei mit der Zeit gegangen und am Thema drangeblieben sind, hat ihre Arbeit unter dem etwas sperrigen Titel „Wenn im Stundenglas der Sand mal klumpt“ als Uraufführung nun die achte Spielzeit im Theater das Zimmer in Horn eröffnet.
In und auf Hamburgs kleinster Bühne hat Ausstatterin Heike Böttcher mit einer schwarzen, pyramidenartigen Treppe mit bunten Stufen gekonnt auf Sand gebaut. Die Kulisse mit Weltraum-Tapete an der Wand lässt einen beinah die Zeit vergessen. Dabei widmen sich Sandra Kiefer und Schauspielpartner Fridtjof Bundel der Zeit, in der wir leben (müssen). Wenn das Theater ein Stundenglas wäre, wäre es matschig in jüngster Zeit, so die Erkenntnis.
Theater das Zimmer: Einiges ist Effekthascherei
Kiefer die Zeit spielen zu lassen und Bundel den Zeitgeist, welcher der guten alten Zeit zusetzt, ist eine originelle Idee, da heutzutage sogenannte Influencer unter jungen Menschen meist mehr Einfluss haben als althergebrachte Instanzen. Bundel am Mikrofon summen und singen zu lassen oder mithilfe von iPad und Loop-Station Sprechgesang zu erzeugen ist hingegen nicht immer ein Gewinn, eher Effekthascherei – und mit Verlaub: ein Zeitfresser.
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Amüsanter, treffender, ja handfester sind in beider gut 80-minütigem Schauspiel mit performativen Elementen der Besuch beim Friseur – auch der kostet Zeit – und die Beschäftigung mit dem Thema „Pause“ und was sie mal war und im Zeitalter der Reizüberflutung kaum mehr ist. These: „Die Pause macht Pause“. Zeit für ein ABBA-Medley mit Bundel am Klavier und mit aktuellen deutschen Texten (Stichwort: „Zeitenwende“) bleibt dennoch.
Theater das Zimmer: Was die finale Erkenntnis ist
Acht Minuten braucht ein Sonnenstrahl bis zur Erde, lautet eine im Stück erwähnte wissenschaftliche Erkenntnis. Ergo dauert es acht Minuten, bis wir im Dunkeln stehen. Ob und wie weit die Uhr zurückgedreht werden kann, darüber werden sich die Zeit und der Zeitgeist in ihrer gegründeten Agentur für Zeitberatung nicht einig. Die finale Erkenntnis indes: „Es ist ein Notfall.“
„Wenn im Stundenglas der Sand mal klumpt“ 15.-18.9. und 28.9.-2.10., jew. 20.00 (So 16.00), Theater das Zimmer, Washingtonallee 42, Karten: 15,- (erm.) bis 22,- unter T. 65 99 11 68; www.theater-das-zimmer.de