Hamburg. Andreas Muhmes neuer Fotobildband „Faces of St. Pauli“ porträtiert 120 Persönlichkeiten gleich doppelt. Am Sonntag ist Buchvorstellung.
St. Pauli hat viele Gesichter. Die Rede ist hier weniger vom einst als „magisch“ besungenen FC – obwohl dieser in Andreas Muhmes Buch auch Erwähnung findet. In seinem Werk „Faces of St. Pauli“ geht es primär um den Stadtteil und die Menschen, die ihn prägen und von ihm geprägt wurden. 2019 hatte Muhme begonnen, Frauen und Männer, Prominente und weniger Prominente seiner „Herzensheimat“ zu porträtieren; nach zwei Ausstellungen sieht er seinen Fotobildband als nächsten „folgerichtigen Schritt“.
In seinem Buch überwindet der Hamburger Fotograf auf 252 Seiten bewusst Milieugrenzen. Allen der fürs Buch berücksichtigten 120 Persönlichkeiten gibt er jeweils zwei Seiten Raum für ein Doppelporträt. Die Fotos sind schwarz-weiß und mit Ringblitz aufgenommen. Sie kennen keine Weichzeichner und keine Makulatur, weil auch der Stadtteil ohne auskomme, meint Muhme. Der Fotograf zeigt die Ausgewählten verdeckt und unverdeckt, liefert jeweils eine Erklärung und hat den Fotos persönliche Statements beigefügt, die für sich sprechen.
„Faces of St. Pauli“: Bildband mit jungen und alten Kiez-Größen
„Lieber queer leben auf St. Pauli, als quer denken unter Idioten“, sagt etwa Sänger, Autor, und Theaterregisseur Schorsch Kamerun, der sich mit Stofftier als Zweitbild hat ablichten lassen. Auch ein visuelles Statement wider Kommerz, Massentourismus und Einheitsgastronomie. Dennoch weiß auch Burlesque-Rockstar Eve Champagne, die sich im zweiten Bild hinter einer venezianischen Maske verbirgt: „St. Pauli ist Großstadt-Serengeti für viele Paradiesvögel.“ Seine Pilotenbrille gegen die Maske tauscht sogar die frühere Kiez-Größe „Kalle“ Schwensen, und wenn der Club-Betreiber konstatiert „St. Pauli ist Hamburgs Herzschlag“ lässt sich kaum widersprechen.
Kiez-Dauerpräsente wie Olivia Jones und Corny Littmann fehlen in „Faces of St. Pauli“ ebenso wenig, jedoch hat Muhme auch junge und alteingesessene Kneipenwirte, Sozialarbeiter und Gestrandete, Alt- und Neo-Punks im Auge behalten. Sie stehen für Diversität, Stolz und Sturheit, aber auch die Verwundbarkeit St. Paulis.
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Andreas Muhme möchte zeigen, wie hoch der Preis wäre, wenn Hamburg den Kiez, so wie er ist, verlöre. Der im Buch ebenfalls doppelt verewigte Günter Zint, Gründer des St. Pauli Museums und fotografisches Kiez-Gedächtnis, macht ihm mit seinem Statement ein großes Kompliment: „Lieber von Muhme fotografiert, als vom Leben gezeichnet.“
„Faces of St. Pauli“ Buch: 252 Seiten, 39 Euro, Weissmann Verlag, Buchvorstellung mit „Pauli Slam“ So 14.8., 16.00, Barboncino zwölphi, St. Pauli Fischmarkt 27, Eintritt frei