Hamburg. Seit Beginn des Hamburger Comedy-Pokals ist das Stadtteilkulturzentrum Ort beim Wettbewerb. Als Kulturhaus Eidelstedt eröffnet es neu.

Normalerweise ist das letzte Wochenende im Januar eines, an dem Hamburgs Stadtteilkulturzentren im Blickpunkt stehen. In zehn der insgesamt rund 30 Häuser finden dann alljährlich die Hauptrunde und das Halbfinale des Hamburger Comedy-Pokals statt. Er ist ihr Baby. Von Brakula in Bramfeld bis zur Zinnschmelze in Barmbek wurde Deutschlands inzwischen größter Kleinkunst-Wettbewerb 2003 aus der Taufe gehoben. Selbst im Corona-Jahr 2021 fand er statt, als er ausnahmsweise mit sechs statt der üblichen 20 Starter an einem Sommerabend im Musikpavillon von Planten un Blomen über die Bühne ging.

Wenn der Comedy-Pokal nun von diesem Freitag an mit halbjähriger Omikron-Verspätung als Vier-Tages-Event bis zum Finale am Montag im Schmidts Tivoli Spötter aus ganz Deutschland und Österreich nach Hamburg lockt, wird Holger Börgartz dennoch die Stadt verlassen. Er ist Geschäftsführer im (bisherigen) Eidelstedter Bürgerhaus.

Kultur in Hamburg: Kulturhaus Eidelstedt eröffnet neu

Das ist seit dem Start des Wettbewerbs 2003 als Stätte immer dabei gewesen – diesmal nun unter ungewöhnlichen und neuen Vorzeichen. Nach mehr als zwei Jahren Umbauzeit braucht der im Hamburger Nordwesten tätige Veranstaltungs-Manager mal Urlaub. „Ich bin ja eigentlich Kulturmacher“, sagt er. „In den vergangenen zwei Jahren kam ich mir oft vor wie ein Baustellenkoordinator.“

Im neuen Gemeinschaftshaus „steeedt“ stehen neben dem Kulturhaus Eidelstedt die Bücherhalle, die Elternschule und ein Café. Baukosten: 10,6 Mio. Euro.
Im neuen Gemeinschaftshaus „steeedt“ stehen neben dem Kulturhaus Eidelstedt die Bücherhalle, die Elternschule und ein Café. Baukosten: 10,6 Mio. Euro. © Roland Magunia

Nach vielen Jahren mit Entwürfen und Planungen waren Börgärtz und sein kleines Team (3,5 Planstellen) im Frühjahr 2020 aus dem Eidelstedter Bürgerhaus ausgezogen. Vom Bund, der Stadt Hamburg und vom Bezirk Eimsbüttel waren 10,6 Millionen Euro für die Sanierung und Neugestaltung des kulturellen Treffpunkts bewilligt worden. Darunter ist das Kulturhaus Eidelstedt – so der neue Name – jetzt nur einer von vier Mietern. Die Fassade des Gebäudes namens „steeedt“ ist fertig, innen braucht es aber noch einige Arbeiten, bevor am ersten September-Wochenende Eröffnung gefeiert werden soll.

Börgartz hofft auf ganz besondere Gäste

Holger Börgartz ist bereits seit 2001 Geschäftsführer und Veranstaltungs-Manager in Eidelstedt.
Holger Börgartz ist bereits seit 2001 Geschäftsführer und Veranstaltungs-Manager in Eidelstedt. © Karin Gerdes

Börgartz hofft, dass dann zwei gute alte Bekannte mit dabei sein werden: Alfons und Michel Abdollahi. „Alfons hat sich bei uns immer umgezogen oder ist zur Toilette gegangen, bevor er seine Umfragen für den NDR auf dem Markt gemacht hat“, erinnert sich Börgartz schmunzelnd. Aufgetreten, um bei seinen ersten Bühnenprogrammen neue Nummern auszuprobieren, ist der heutige deutsch-französische Kabarett-Star im Eidelstedter Bürgerhaus ebenso wie Michel Abdollahi.

Der NDR-Moderator, in Eidelstedt aufgewachsen und zur Schule gegangen, hat bis vor einigen Jahren aus Verbundenheit zum Stadtteil stets eine Runde des Comedy-Pokals moderiert. Nicht nur diese beiden Prominenten wissen, dass das alte, seit den 1980er-Jahren für Konzerte, Lesungen und Theater genutzte Bürgerhaus innen einer typischen Schule glich: lange Gänge, Räume mit niedriger Decke, Heizkörper aus den 50er-Jahren, ebensolche Toiletten – so sah es dort aus.

„Eidelstedter KulturContainer“ haben als Provisorium ausgedient

Vor vier Jahren hatten Börgartz und Co. den Hamburger Stadtteilkulturpreis gewonnen. Dem ausgezeichneten Projekt „37FÜNF° – Heimat – Flucht – Zusammenleben“ lag eine Veranstaltungsreihe zum Thema Integration im Stadtteil zugrunde. Darin wurde der Begriff „Heimat“ generationsübergreifend und sensibilisierend neu definiert; so wurden auch kulturelle Brücken zu Geflüchteten im Stadtteil geschlagen. Die 10.000 Euro Preisgeld flossen in die weitere Arbeit. Nur ein Tropfen im Vergleich zu den fast elf Millionen Investitionen für das gesamte neue Haus.

Hamburger Comedy-Pokal: weiblich wie lange nicht
20 Comedians und Kabarettisten, darunter sieben Künstlerinnen, spielen von Freitag bis Montag um den 20. Hamburger  Comedy-Pokal (Schirmherrin: Käthe Lachmann) und 6000 Euro sowie den Publikumspreis (500 Euro) beim Finale am Montag (19.30 Uhr) im Schmidts Tivoli. In der Hauptrunde duellieren sich heute (20 Uhr) in den Stadtteilzentren Brakula, Eidelstedt, ­ella Kulturhaus, Goldbekhaus, Kulturhof Dulsberg, Kulturhaus Süderelbe, Kulturzen­trum BiM, Lola, Motte und Zinnschmelze je zwei.  Halbfinals (Sa, 20 Uhr) im Brakula, Goldbekhaus, Kulturhaus Süderelbe, Lola und Zinnschmelze, „2. Chance“ (So, 19 Uhr) im Tivoli. Karten zu 8,- bis 30,-: hamburger comedypokal.de

Am 1. Juli hat Börgartz die Teile an die Stadt zurückgegeben, die als „Eidelstedter KulturContainer“ als provisorisches Stadtteilkulturzentrum gedient hatten. Außer einigen Kursen im Seminarraum ging im Container nicht viel. „Corona hat uns nicht so hart wie andere Stadtteilkulturzentren getroffen, weil wir ab Frühjahr 2020 den Betrieb wegen der Sanierung ohnehin herunterfahren wollten“, sagt er.

Kultur in Hamburg: Neuer Saal fasst 170 Menschen

Der neue Veranstaltungssaal fasst mit 170 Personen fast doppelt so viele wie zuvor, genügt modernen Ansprüchen. Auch wenn er noch nicht genutzt werden kann, erfüllt es Börgartz mit Freude, dass Eidelstedt beim Comedy-Pokal erneut Austragungsort ist: Der österreichische Kabarettist David Stockenreitner spielt in der Hauptrunde gegen den Kölner Stand-up-Comedian Andreas Weber, heute im Gemeindehaus der Elisabethkirche. Das hat sich in der Umbauzeit als Ort bewährt. Börgartz: „Wie vor Corona liegen wir bei knapp 100 Prozent Auslastung.“

Börgartz’ Fazit zum 20. Comedy-Pokal fällt nicht nur deshalb positiv aus: „Der Wettbewerb hat uns sehr geholfen bei der Professionalisierung unserer Veranstaltungen. Dadurch haben uns nicht nur Menschen aus Eidelstedt besucht, sondern auch Leute aus anderen Stadtteilen.“ Der neue Saal im Kulturhaus dürfte dem Interesse gerecht werden. Endlich.