Hamburg. Er wurde schon als Kind entdeckt und spielte vor allem zwielichtige Figuren. Nun starb Uwe Bohm unerwartet mit 60 Jahren. Ein Nachruf.
In seinen Figuren steckte oft eine Wut, die sich jederzeit entladen konnte, aber auch eine Zartheit und Verletztheit, die in stetem Widerspruch dazu stand. Mit solchen Rollen hat Uwe Bohm geglänzt und sich ins öffentliche Bewusstsein eingeprägt. Nun ist der Schauspieler völlig unerwartet gestorben, mit gerade einmal 60 Jahren.
„Mit unendlicher Traurigkeit geben wir das Ableben unseres geliebten Vaters, Ehemanns, Sohns und grandiosen Schauspielers Uwe Bohm bekannt“, gab seine Frau Ninon Bohm am Sonnabend auf ihrem Instagram-Account bekannt. Bohms Adoptivmutter, Natalia Bowakow-Bohm bestätigte dass sie die Nachricht vom Tod ebenfalls erhalten habe. „Es ist leider Realität“, erklärte auch Bohms Agentur Louisa Held Management. „Uwe ist verstorben.“ Ein Schock für die Branche.
Uwe Bohm gestorben: Er hatte eine schwierige Kindheit
Er war anfangs das, was man ein Problemkind nennt. Geboren wurde er 1962 in Hamburg als Uwe Enkelmann in prekären Verhältnissen. „Mein Vater war Hafenarbeiter und hatte, wie sich später herausstellte, für die DDR spioniert. Er fing an zu saufen, muss ziemliche Verfolgungsängste gehabt haben“, so hat er es einmal dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ erzählt.
Der Vater sei wegen Landesverrats ins Gefängnis gekommen, und er selbst in ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche: „weil das Jugendamt beschloss, dass mein Zuhause nicht mehr funktionierte und ich verhaltensauffällig war.“ Die Mutter starb wenig später an Leberzirrhose.
Zwei Ersatzväter: einen beim Film und einen beim Theater
Dieses Auffällige, dieses Wütende, es fiel auch dem Hamburger Regisseur Hark Bohm auf. Der entdeckte den Elfjährigen 1973 beim Casting für seinen Fernsehfilm „Ich kann auch ’ne Arche bauen“. Und er besetzte ihn drei Jahre später auch in „Nordsee ist Mordsee“. Das Drama um einen vernachlässigten Jugendlichen, der aus seinen Verhältnissen ausbricht, orientierte sich nicht zufällig an Enkelmanns eigenen Hintergründen. Der Film machte den Regisseur wie seinen Jugendstar bekannt. Hark Bohm adoptierte den Jungen schließlich, der nahm dessen Namen an und spielte in weiteren seiner Filme wie „Moritz, lieber Moritz“ oder „Im Herzen des Hurrican“.
Dabei wollte er gar nicht Schauspieler werden. Vielmehr begann er eine Lehre als Maler und Lackierer und dann eine Ausbildung als Theatermaler. So kam er über Umwegen zur Bühne, wo Peter Zadek auf ihn aufmerksam wurde. Der wurde Bohms zweiter Ziehvater, unter ihm hatte er seinen ersten großen Theater-Auftritt 1987 am Hamburger Schauspielhaus im Musical „Andi“ und ein Jahr später als Jack the Ripper in „Lulu“. Auch an anderen Häusern spielte er später immer wieder unter Zadek, etwa „Bash“ an den Hamburger Kammerspielen oder „Peer Gynt“ am Berliner Ensemble.
Uwe Bohm spielte vor allem zwielichtige Figuren
Große Meriten erwarb sich Uwe Bohm auch in Hark Bohms Filmen „Yasemin“ (1988), einer deutsch-türkischer Romeo-und-Julia-Version „Yasemin“ und, kurz nach der Wende, „Herzlich willkommen“ (1989/90) als Republikflüchtling aus der DDR. Und fast nahtlos wuchs er vom Fach des Problemjungen und Halbstarken in das der Mörder, Psychopathen und zwielichtiger Figuren. Die gab er wieder und wieder in zahllosen Fernsehkrimis und -serien. Das hat sein Image geprägt. Dabei war sein Repertoire viel größer.
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Dass er auch anders, dass er auch Komödie konnte, konnte er aber nur am Theater zeigen, wo er an allen Bühnen zuhause war, am Wiener Burgtheater, am Schauspielhaus Bochum oder bei den Salzburger Festspielen.
Im Kino war er zuletzt nur noch selten zu erleben, in Thomas Arslans Western „Gold“ (2013) etwa oder Fatih Akins Herrndorf-Verfilmung „Tschick“ (2016).
Uwe Bohm gestorben: Fünf Kinder von vier Frauen
Bohm, der fünf Kinder von vier Frauen hatte und zuletzt mit seiner Frau und Schauspielkollegin Ninon Bohm (ehemals Held) in Berlin lebte, hat seine Arbeit einmal so umrissen: „Ich versuche immer, das so zu machen, dass es nah an der Wahrheit dran ist. Mir hat mal ein Kollege gesagt, ,immer 150 Prozent, nicht über die Grenze, aber immer bis zur Grenze’.“ Vielleicht ist Bohm aber zu oft an die Grenzen gegangen. Oder doch auch darüber.