Hamburg. Das Thalia Theater, das Schauspielhaus und Kampnagel planen jeweils eigene Solidaritätsabende. Am Donnerstag geht es los.

Die ukrainischen Farben prägen, wie derzeit viele öffentliche Gebäude, auch das Deutsche Schauspielhaus. Die Theaterfassade erstrahlt abends in blauem und gelbem Licht, der Onlineauftritt trägt – wie auch der des Thalia Theaters – Blau und Gelb schon auf der Startseite. Dass zudem das Wort „Freiheit“ auf dem großen Front-Plakat prangt, ist am Schauspielhaus hingegen Zufall: „Die Freiheit einer Frau“ nach dem aktuellen Buch von Édouard Louis feiert hier am Wochenende Premiere.

Am Thalia Theater ersetzt ein Solidaritätsbanner den Stücktitel: „Für Frieden und Freiheit!“ steht in der typischen Thalia-Schrift über dem Eingang zum Foyer – und beide Bühnen belassen es nicht bei Fassaden-Statements. Schon am Donnerstagabend ändert das Thalia Theater kurzfristig sein Programm.

Die ursprünglich angesetzte Aufführung von „Die Räuber“ entfällt, an ihre Stelle rückt eine Sondervorstellung, in der die Hamburger Schriftstellerinnen Simone Buchholz, Karen Köhler, Monique Schwitter und der Autor Saša Stanišić mit Ensemblemitgliedern Texte von Künstlerinnen und Künstlern aus der Ukraine und von anderswo lesen, es spielt unter anderem die in Hamburg lebende ukrainische Pianistin Olena Kushpler.

Hamburgs Theater zeigen sich solidarisch mit Ukraine

Intendant Joachim Lux formuliert, was viele derzeit fühlen: „Unser Mitgefühl gehört den Opfern, unsere Sorge der Freiheit und dem Frieden. Man könnte hinzufügen: und unserer anwachsenden Angst.“ Mit einem Abend wie diesem solle einerseits „dem bedrohten Volk der Ukraine eine Stimme“ gegeben, andererseits Mut gemacht werden. „Da hilft nur die Gemeinschaft mit anderen.“

Am Montag will auch das Schauspielhaus auf der Bühne Empathie und Solidarität zeigen: „Putins Angriffskrieg gilt einer ganzen Kulturlandschaft. Europäische Werte wie Freiheit, Demokratie und Vielstimmigkeit sollen vernichtet werden. Wir als Theater dürfen und wollen dieser Zerstörung nicht einfach schweigend zusehen. Deshalb haben wir uns zu einer spontanen Solidaritätsveranstaltung entschlossen“, erklärt Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier.

Unter dem Titel „#StandWithUkraine“ werden Ensemblemitglieder aus Texten ukrainischer Autorinnen und Autoren lesen, darunter Jurij Andruchowytsch, Katja Petrowskaja und Serhij Zhadan. Moderiert von Heinrich Wefing, dem Politikchef der „Zeit“, sind Live-Schalten nach Belarus zu Viktor Martinowitsch und in die Ukraine zu Jurij Andruchowytsch geplant. Martinowitschs Roman „Revolution“ (in dem es unter anderem um einen „greisen Paten, der tatsächlich Regierungsmacht ausübt“ geht) soll im Mai am Schauspielhaus uraufgeführt werden, den weißrussischen Schriftsteller hatte Intendantin Karin Beier bereits zur Spielzeitpressekonferenz live aus Minsk dazugeschaltet. Der Eintritt ist sowohl im Thalia als auch im Schauspielhaus frei, man braucht allerdings eine Platz- bzw. Zählkarte.

Ukraine: „Test für die Menschlichkeit“

Auf Kampnagel hätte man sich eine geschlossene Aktion der Hamburger Kulturinstitutionen gewünscht. Nun findet auch hier eine eigene Veranstaltung statt, und zwar am kommenden Donnerstag, 10. März: Gezeigt wird der ukrainische Film „The Earth Is Blue As An Orange“, zur Podiumsdiskussion ist unter anderem die Journalistin Anastasia Tikhomirova eingeladen. Auch Kampnagel positioniert sich mit den Aufforderungen „#Stopthewar“ und „#Together“ auf Bannern im Kassenbereich und auf digitalen Großflächen im Stadtgebiet.

Filmfest-Direktor Albert Wiederspiel zeigt sich ebenfalls erschüttert von den Ereignissen der vergangenen Tage: „Ich, wir, verurteilen diesen Überfall aufs Schärfste!“ schreibt er im aktuellen Filmfest-Newsletter. „Wir denken an die Filmschaffenden, die wir in den letzten Jahren aus der Ukraine in Hamburg begrüßen durften.“

Wiederspiel zitiert zudem die Drehbuchautorin Natalya Vorozhbit aus Kiew, die „Bad Roads“ 2020 beim Filmfest Hamburg präsentierte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Krieg in meinem Land erleben würde – im 21. Jahrhundert. Krieg ist mir immer archaisch vorgekommen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass gewöhnliche Männer und Frauen in zivilen Berufen Militäruniformen anziehen, zu den Waffen greifen und losziehen, um unsere Grenzen zu verteidigen.“ Der Krieg, so Vorozhbit, sei „gewissermaßen ein Test für die Menschlichkeit, und sogar für etwas viel Größeres. Viele bestehen diese Prüfung nicht.“

Ukraine: Sich verbinden und Frieden ersehnen

In Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis des Hamburger Filmfests zeigt das Abaton am Montag (7. März, 19.30 Uhr) das beim Festival in Cannes mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnete finnische Roadmovie „Abteil Nr. 6“ von Juho Kuosmanen. Es erzählt von einer völkerverbindenden Reise von Moskau bis Murmansk.

Sich zu verbinden, miteinander und mit all jenen, die in Angst leben müssen und den Frieden ersehnen – das ist das gemeinsame Anliegen all dieser Abende.