Hamburg. In seiner Regierungserklärung sprach Hamburgs Erster Bürgermeister über die Folgen des Krieges für die Hansestadt.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine am Mittwoch in der Bürgerschaft eine Regierungserklärung abgegeben. Im Zentrum standen dabei die Folgen des Krieges für die Hansestadt.

Zuvor sprach Parlamentspräsidentin Carola Veit wegen Putins Krieg in der Ukraine zu den Abgeordneten. An der Bürgerschaftssitzung nahm auch die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, teil.

Tschentscher: Hamburg ist vom Krieg betroffen

Der Angriff Russlands auf die Ukraine wird auch spürbare Auswirkungen auf Hamburg haben. Darauf hat Bürgermeister Tschentscher (SPD) in einer Regierungserklärung vor der Bürgerschaft eindringlich hingewiesen.

Er sei „entsetzt und empört“ über den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der mit seinem Vorgehen das Fundament der europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung erschüttere, sagte Tschentscher: „Dieser Krieg ist eine schwere Verletzung des Völkerrechts. Er muss sofort gestoppt werden.“

Hamburg bereitet sich auf viele Flüchtlingen vor

Als internationale Stadt sei Hamburg von den Auswirkungen dieses Krieges unmittelbar betroffen, so der Bürgermeister – und das nicht nur, weil mehr als 4000 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Hansestadt und weitere 20.000 in der Metropolregion leben. „Die Stadt bereitet sich darauf vor, in den kommenden Wochen eine große Zahl an Flüchtlingen aufzunehmen und zu versorgen“, sagte Tschentscher, der die Hilfsbereitschaft der Hamburger als überwältigend bezeichnete. In einem Schritt stünden gut 2000 vorhandene Plätze zur Verfügung.

An der Bürgerschaftssitzung nahm auch die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, teil.
An der Bürgerschaftssitzung nahm auch die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, teil. © Roland Magunia

Auch wenn sich das Ausmaß des Krieges noch nicht absehen lasse, würden die Folgen „auf jeden Fall weitreichend und wir sind als internationale Stadt stark davon betroffen“ sein, so Tschentscher. „Es geht um wirtschaftliche Folgen, mögliche Cyber-Attacken und um die Versorgungssicherheit.“

Hamburger Hafen von Sanktionen betroffen

Die Sanktionen und die direkten Folgen des Krieges würden rund 1000 Hamburger Unternehmen betreffen, die Geschäftsbeziehungen in die Ukraine und nach Russland haben, so der Bürgermeister. „Viele haben sich bereits nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim aus dem russischen Markt zurückgezogen und ihre geschäftlichen Aktivitäten eingestellt.“

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Auch der Hafen sei naturgemäß von den Exportbeschränkungen in besonderer Weise betroffen: Die städtische HHLA schlage keine Container mehr um, die aus Russland kommen oder dorthin gehen, die Reederei Hapag-Lloyd stelle die Liniendienste in die russischen Häfen ein. Auch als drittgrößter Luftfahrtstandort der Welt werde Hamburg betroffen sein, so der Bürgermeister: „Airbus und Lufthansa Technik dürfen an russische Firmen keine Flugzeuge oder Flugzeugteile mehr ausliefern und keine Reparaturleistungen mehr erbringen.“

Putins Krieg: Was wird aus Hamburgs Energieversorgung?

Tschentscher verteidigte die Sanktionen trotz der Belastungen für die Wirtschaft als „sehr effektiv im Widerstand gegen die russische Aggression“. Daher müssten sie konsequent umgesetzt werden. Hamburgs Energieversorgung sei derzeit nicht akut gefährdet: „Die Gasversorgung für die laufende Heizperiode ist sichergestellt, auch wenn die Lieferungen aus Russland eingestellt würden“, so der Bürgermeister.

Dass die Bundesregierung in Wilhelmshaven und Brunsbüttel schnell zwei neue LNG-Terminals zur Versorgung mit Flüssig-Gas bauen wolle, passe zu den Plänen des Senats, so Tschentscher. Dieser wolle in den kommenden Jahren eine leistungsfähige regenerative Wasserstoffproduktion und Wasserstoffwirtschaft in der Metropolregion aufbauen, um die Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe zu verringern und den Klimaschutz voranzubringen.

CDU: "Putins Krieg schweißt uns alle zusammen!"

Auch Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion, betonte, dass er "noch immer tief erschüttert von diesem verbrecherischen Angriffskrieg in Europa, von Putins Krieg" sei. "Dem Herrscher des mit Abstand größten Landes der Erde, ist sein Land zu klein. In einem Akt der barbarischen Hybris und einer schier wahnsinnigen Invasion hat Putin der freien Welt sein abstoßendes, totalitäres und mörderisches Gesicht gezeigt."

Putin sei ein Kriegsverbrecher, der ein unschuldiges Land überfalle und unschuldige Menschen ermorden lasse. Thering: "Weil er Angst hat, Angst vor unseren Werten, vor Demokratie und Freiheit in seiner Nachbarschaft und ja, bei sich zu Hause! Putin hat Angst vor seiner eigenen Bevölkerung."

Für den CDU-Mann steht fest: "Putins Krieg schweißt uns alle zusammen: Die Schweiz verlässt ihre Neutralität. Österreich, Schweden und Finnland diskutieren ihren Beitritt zur NATO und die EU stand noch nie so felsenfest zusammen wie heute." Das sei in der Tat eine Zeitenwende.

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Grüne über Krieg: "Zeit für tiefgreifenden Wandel“

Jennifer Jasberg, Vorsitzende der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, mahnte, dass Putin die Werteordnung angreife. "Aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts wurden mit dem Völkerrecht und internationaler Zusammenarbeit die richtigen Konsequenzen gezogen, aber ‚der starke Mann‘ blieb als wirkmächtige Idee bestehen. Aktuell beobachten wir, wie er mit allen Mitteln versucht, unsere Welt zu spalten."

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Um dem zu begegnen, sei ein erweitertes Verständnis von Sicherheit nötig. "Investitionen in Sicherheit umfassen nicht nur Rüstung und Zusammenarbeit, sondern eine konsequente Energiewende und den Schutz digitaler Strukturen", so Jasberg. Eine Gesellschaft, die toxische Männlichkeit nach wie vor honoriere und anerkenne, schaffe es offensichtlich nicht, globale Krisen menschenwürdig zu lösen. "Es ist an der Zeit für einen wirklichen und tiefgreifenden Wandel", sagte die Grünen-Politikerin. "Dem Hass sowie dessen Profiteuren stellen wir uns entschlossen entgehen.“

Linke verurteilen Putins Überfall und fordern Abrüstungsverträge

Für die vom Krieg betroffenen Menschen forderte die Linken-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir umfassende Hilfe: "Wir sind solidarisch mit den unter der Invasion leidenden Menschen in der Ukraine. (...) Unsere Sorge gilt denen, die festgenommen worden sind. Wir sind solidarisch mit desertierenden russischen Soldaten, die ihre Waffen niederlegen und diesen Krieg ablehnen."

Özdemir kritisierte die Investitionen Deutschlands in seine Rüstung: "Welche Handlungsoptionen hätten wir in der aktuellen Situation, wenn die Bundeswehr so ausgerüstet wäre, wie sie es für die Zukunft planen? Helfen wir mit der Aufrüstung der Bundeswehr den Betroffenen in der Ukraine? Nein, die Situation wäre die Gleiche!"

Und die NATO habe in den letzten Jahren nicht zu wenig aufgerüstet. Ihre Forderung: "Wir brauchen so schnell es geht Abrüstungsverträge. Wir brauchen Deeskalation und den Weg zur Diplomatie." Konkret forderte Özdemir die Festsetzung dreier Luxusjachten im Hamburger Hafen, deren Besitzer zu Putins Umfeld zählten. Zudem müsse Hamburg Geflüchteten schnell und unbürokratisch Schutz und Hilfe anbieten.

Veit: "Das ist Mord und es gibt einen Verantwortlichen"

"Seit einer Woche gibt es Raketenangriffe und Bombardierungen, es rücken Panzer vor, Ukrainerinnen und Ukrainer werden in einem aufgezwungenen Krieg beschossen, getötet und ermordet", sagte Veit zu Beginn der Bürgerschaftssitzung. "Das ist Mord und es gibt einen Verantwortlichen dafür, das ist Wladimir Putin, der Verbrecher, den wir hoffentlich schnell auf der Anklagebank des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag sehen werden!"

Veit betonte: "Wer vor dem Krieg bis nach Hamburg flieht, ist hier herzlich willkommen." Die Bilder von Explosionen, kriegszerbombten Häusern und von Menschen, die in U-Bahn-Schächten und Kellern Zuflucht suchen müssen, seien nicht zu ertragen. "Wir wissen um die Schwere der aktuellen Kämpfe und sind in Gedanken bei den ukrainischen Soldaten, die die Freiheit ihres Landes verteidigen. Unser Mitgefühl gilt allen, die Angehörige verloren haben und von großem Leid betroffen sind."

"Es ist nicht Russland, das Krieg führt – es ist Putins Krieg"

Wirklich bewundernswert seien die Menschen in der Ukraine, die sich wehren. "Wer sich unbewaffnet Panzern entgegenstellt und sie damit stoppt, wer zwischen bis an die Zähne bewaffneten Feinden Friedenskundgebungen abhält, wer gegenüber einem scheinbar übermächtigen Feind Freiheit, Demokratie und sein Land verteidigt, verdient unseren allerhöchsten Respekt."

Veit ist zudem wichtig, zu betonen, dass nicht Russland diesen verbrecherischen Angriffskrieg gegen ein kleineres Nachbarland führe. "Es ist nicht 'Russland', das Krieg führt, sondern eine verbrecherische Clique um die Machthaber im Kreml. Es ist Putins Krieg."

Bürgerschaft Hamburg: Krisenstab wegen Ukraine-Krieg

Der Senat hatte bereits am Dienstag beschlossen, wegen des Krieges einen Krisenstab einzurichten. In dessen Zentrum stünden die Versorgungssicherheit, die Cyber-Abwehr und die Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine, hieß es.

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„Eine zentrale Aufgabe des Stabes wird auch sein, die aktuellen Lagebilder zu erstellen, um auch politische Entscheidungen mit Fakten zu unterfüttern“, sagte Vize-Senatssprecherin Julia Offen am Dienstag.

Im Anschluss wollen sich die Abgeordneten einmal mehr mit der Corona-Pandemie befassen, über eine Strategie zur Prävention und Bekämpfung von „Anti-Schwarzem Rassismus“ sprechen und über die Neuregelung der Grundsteuer beraten. Zudem soll es in der Sitzung unter anderem um die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern im Job gehen.