Hamburg. Zum Auftakt des internationalen Festivals am Thalia Theater inszeniert dort erstmals der japanische Theatermacher Toshiki Okada.

Es mag auf den ersten Blick seltsam anmuten, ein Theaterstück über ein Gebäck zu entwickeln. Doch bei genauem Hinsehen ergibt es durchaus Sinn. Mit der Uraufführung seines Stückes „Doughnuts“ eröffnet der erstmals am Thalia Theater inszenierende japanische Theatermacher Toshiki Okada an diesem Freitag das diesjährige Thalia-Toleranz-Festival „Um alles in der Welt – Lessingtage 2022“. Das traditionell aufklärerisches Denken feiernde Festival setzt dabei auf ein lebensbejahendes Motto: „Celebration of Life“.

Ein Doughnut ist ein beliebter runder Krapfen mit viel Rand und einem Loch in der Mitte. Deshalb wurde er unlängst auch von Wirtschaftswissenschaftlern entdeckt, die eine Doughnut-Theorie entwickelten.

Theater Hamburg: Okada erzählt seine Geschichte

Der Klimawandel und der Verlust der Artenvielfalt setzen darin Grenzen für den Handlungsspielraum der menschlichen Zivilisation. Die Theorie, die eine Leerstelle in einer Welt erodierender Gewissheiten beschreibt, liefert Theatermacher Toshiki Okada Hintergrund und Anlass, seine Geschichte zu erzählen.

Das Setting von „Doughnuts“ klingt zunächst realistisch. Eine Gruppe Konferenzteilnehmer trifft in einem Hotel aufeinander. Beim gemeinsamen Warten in der Lobby auf ein Taxi zum Tagungsort kommt man ins Gespräch. Bis unvorhergesehene Vorfälle passieren und das Unkontrollierbare Einzug erhält.

Toshiki Okada begann in der Freien Szene

Wie viele Theatermacher, die mit neuen Formen experimentieren, begann auch Toshiki Okada in der Freien Szene. Seit Jahren ist er ein Liebling internationaler Festivals und von Produktionsstätten wie Kampnagel in Hamburg. Gemeinsam mit seiner 1997 gegründeten Gruppe Chelfitsch hat er Stücke inszeniert, die er allesamt selbst verfasst hat. Das Schreiben und das Regieführen gehören für ihn untrennbar zusammen.

In seinen Stücken treiben ihn vor allem die Zumutungen der modernen Lebens- und Arbeitswelt um. In Hamburg gastierte er bereits mit seinen Arbeiten „Current Location“ und „Hot Pepper, Air Conditioner, and the Farewell Speech“. Seine Ästhetik zeichnet sich durch eine streng reduzierte Formensprache aus. Häufig führen seine Figuren alltägliche Handlungen in einer scheinbar realistischen Umgebung aus, die sie jedoch in Wiederholungen und Überspitzungen theatral überhöhen.

Theater Hamburg: „Doughnuts“ verändert Perspektive

Dabei transportieren sie mitunter skurrile Inhalte in einer Umgangssprache. „In unserem Alltag gibt es viele körperliche Haltungen, die nicht so natürlich aussehen, die komisch, auffällig oder merkwürdig sind“, sagt Okada. „Diese aus Theaterperspektive zu betrachten, finde ich interessant.“

2015 begann Toshiki Okada eine engere Zusammenarbeit mit den Münchner Kammerspielen, wo das Stück „The Vakuum Cleaner“ entstand, das zum Berliner Theatertreffen 2020 eingeladen wurde. Der Schritt hin zum Stadttheater war damit getan. Der Auftakt bei den Lessingtagen des Thalia Theaters dürfte auch in Hamburg Sehgewohnheiten positiv auf den Kopf stellen – und dabei vielleicht nicht ganz so süßlich ausfallen, wie es der Titel suggeriert.