Hamburg. Schauspielerin Petra Kleinert feiert mit ihrem Ehemann in „Das Huhn auf dem Rücken“ Erstaufführung in der Komödie Winterhude.

Theater, insbesondere vor einem aufgeweckten und neugierigen Publikum, das geht längst nicht immer. Das haben zwei Jahre Corona-Pandemie auch Petra Kleinert gelehrt. Nun sitzt die Schauspielerin im inneren Foyer der Komödie Winterhuder Fährhaus – leger und ungeschminkt. Und trinkt erst mal ein Glas Wasser nach diesem langen Probenvormittag.

Ungewöhnlich, aber wahr: Hier, in dem renommierten Boulevard-Theater, betritt eine der populärsten Fernsehdarstellerinnen des Landes tatsächlich Neuland. In Hamburg hat Petra Kleinert in der Vergangenheit zwar mehrmals länger gedreht, aber noch nie auf einer Bühne gestanden. Das Stück „Das Huhn auf dem Rücken“ des Autors Fred Apke feiert mit ihr an diesem Freitag zugleich deutsche Erstaufführung.

TV-Star Kleinert war trotz Premiere noch entspannt

Dennoch wirkt Petra Kleinert an diesem Probenmittag entspannt. Das liegt – auch – an den Männern: Mit Regisseur Marten Sand hat sie schon vor mehr als drei Jahrzehnten zusammengearbeitet, als der sie kurz nach der Wende als Sally Bowles im Musical „Cabaret“ am Brandenburger Theater besetzte. Die folgenden zweieinhalb Jahre dort sollten die einzigen als festes Ensemblemitglied in der inzwischen 30-jährigen Film- und Fernsehkarriere der Petra Kleinert bleiben.

Seitdem hat sich die an der Theaterhochschule Hans Otto in Leipzig ausgebildete Schauspielerin zu einer der gefragtesten, zugleich wandlungsfähigsten Fernsehfrauen der Republik entwickelt. Serienerfolge wie „Unser Lehrer Doktor Specht“, „Sperling“, der in Hamburg gedrehte „Doppelte Einsatz“ (RTL), „Soko Leipzig“ (ZDF) und „Mord mit Aussicht“ sind nur Auszüge der langen Liste ihrer zahlreichen TV-Engagements. „Ich bin ein umtriebiger und ruheloser Mensch“, beschreibt sich die Schauspielerin selbst.

Das Angebot hatte sie schon vor über zwei Jahren bekommen

Das Angebot für „Das Huhn auf dem Rücken“ hatte sie schon vor mehr als zwei Jahren von der Künstlerischen Leitung der Komödie am Kurfürstendamm im Schillertheater bekommen: „Ich habe es gelesen und gedacht, das wäre ein Stück für uns beide“, sagt sie. Mit „uns beide“ meint sie sich und ihren österreichischen Kollegen Reinhold Kammerer. Sie sind seit 2016 verheiratet.

Ende 2020 hatte das Schauspieler-Paar in Berlin mit dem Regisseur sowie dem Kollegen Harald Effenberg angefangen, sich dem „Huhn“ zu widmen. Trotz des monatelangen Winter-Lockdowns und der Theaterschließungen haben sie das Stück bis zum Ende geprobt – mit einer internen „Premiere“ vor fast genau einem Jahr nur für das Regieteam sowie den Berliner und Hamburger Intendanten Martin Woelffer. „Manchmal ist es gar nicht schlecht, wenn ein Stück so lange liegt“, meint Kleinert heute. Dann könne es reifen. Umso mehr freuen sich die Beteiligten auf Publikumsreaktionen.

Wie das Schauspiel-Paar beruflich miteinander umgeht

Doch wenn ein Schauspieler-Paar seit mehr als fünf Jahren fast ständig zusammenhockt, zusammenlebt, gemeinsam arbeitet, gehen Mann und Frau sich da nicht irgendwann auf den Geist? Bevor sie Anfang dieser Woche erstmals die Bühne in Winterhude betraten, haben beide zu Hause in Berlin am Wochenende mit dem Stück noch mal „einen kon­trollierten Durchlauf“ gemacht, erzählt Petra Kleinert. Das beruhigt. „Und die Arbeit macht nun mal einen großen Teil unseres Lebens aus.“ Falls für sie oder ihn jedoch ein Punkt erreicht sei, wo es nicht gehe, brächen sie sofort ab, sagt sie. Vieles kann, nichts muss. „Wenn es sich ergibt, versuchen wir zusammen zu spielen“, sagt sie. „Wenn die Rolle nicht passt, ergibt es auch keinen Sinn.“

In „Das Huhn auf dem Rücken“ jedoch soll es funktionieren. Petra Klei­nert hält das Stück für eine gelungene schwarze Komödie, „das hat etwas Absurdes“. Sie spielt die biedere, verheiratete Hausfrau Frau Kobald – „nicht: Kobold!“, stellt sie klar. Diese Frau taucht eines Abends bei ihrem Nachbarn (Reinhold Kammerer) auf, einem introvertierten Musiker. Es gilt, einen Mord zu vertuschen, und es entwickele sich „eine tiefergehende Beziehung“, verrät die Schauspielerin. „Beide sind einsame Menschen, arme Socken“, wie es Petra Klei­nert nennt.

Petra Kleinert spielte jahrelang in "Mord mit Aussicht"

Tun sich da womöglich Parallelen zu einer ihrer bekanntesten Rollen auf? In der humoristischen ARD-Krimiserie „Mord mit Aussicht“ spielte sie sieben Jahre lang Heike Schäffer, die äußerst wissbegierige, mollige Ehefrau des gutmütigen Polizeiobermeisters Dietmar Donatus Schäffer alias Bjarne Mädel.

Die Kult-Reihe mit Meike Droste und Caroline Peters als in das (fiktive) Eifel-Kaff Hengasch zwangsversetzte Kölner Oberkommissarin Sophie Haas war mit zuletzt durchschnittlich 6,5 Millionen Zuschauern und 21 Prozent Marktanteil 2014 die meistgesehene Fernsehserie Deutschlands, ehe sie nach 39 Folgen mit dem abendfüllenden Film „Ein Mord mit Aussicht“ endete. Zum Hamburger Schauspieler Bjarne Mädel bestehe eine „kollegiale Freundschaft“, nach Abschluss der Dreharbeiten hätten sich sie aber nur noch einmal getroffen und leider bisher nicht mehr zusammen gearbeitet, so Kleinert.

„Muschi“ und „Bär“ nannten sich beide in ihren Rollen gern beim Betrachten von Tierdokumentationen auf dem heimischen Sofa, da blieb bei Zuschauern kaum ein Auge trocken. „Wenn es richtig ernst und laut wurde, haben wir uns immer mit ,Dietmar’ und ,Heike‘ angeredet“, betont Petra Kleinert. Im wahren Leben tierische Kosenamen für ihren Partner zu benutzen, das findet sie indes zu „infantil“. Dann lieber gemeinsam mit dem Partner „Das Huhn auf dem Rücken“ spielen.

Doch während ihre Ex-Kolleginnen und -Kollegen mit „Mord mit Aussicht“ abgeschlossen haben, hat sich Petra Kleinert für sechs Folgen mit der neuen Chef-Ermittlerin Katharina Wackernagel zum Comeback bei der ARD-Neuauflage bewegen lassen – vom 8. März an in ihrer Rolle als Heike nun ohne ihren Dietmar. „Ich musste beim Lesen der Drehbücher mehrmals laut lachen, was mir sonst selten passiert“, sagt die 54 Jahre alte Künstlerin. „Heikes Frisur ist zwar weiterhin schrecklich, doch als Figur ist sie weiter sehr neugierig, rechthaberisch, aber auch hilfsbereit.“ Und sie mache insbesondere in den Folgen vier bis sechs Karriere, deutet Petra Kleinert an. Wie die Darstellerin - die trotz der vielen Fernseherfolge ihre Anfänge am Theater offenbar nicht ganz vergessen hat.

„Das Huhn auf dem Rücken“ deutsche Erstaufführung Fr 18.2, 19.30, bis 27.3. außer Mo täglich 19.30 (So 18.00), Komödie Winterhuder Fährhaus (U Hudtwalckerstraße), Hudtwalckerstr. 13, Termine und Karten zu 24,- bis 38,50 unter T. 48 06 80 80; www.komoedie-hamburg.de