Hamburg. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – jeden Montag im Abendblatt. Dieses Mal: Johann Friedrich Dieterich und „Die Familie Rauter“.

Gütig scheint der Vater im Bild „Die Familie Rauter“ auf seine Angehörigen herabzublicken. Seine rechte Hand stützt sich dabei in einen grünen Fensterrahmen, der beinahe mit dem Rahmen des Bildes identisch ist. Er dominiert das obere Viertel des Bildes.

Gemalt hat es Johann Friedrich Dieterich (1787–1846) der als ein Experte der Porträtmalerei galt. Der Künstler hat die Familie in einen Art Wintergarten platziert, in dem ein grünes Holzgitter steht. Direkt auf den Betrachter blickt Frau Rauter, die eine Biedermeierfrisur trägt. Um ihren Hals schmiegen sich ein Organzakragen und ein geblümtes Tuch. Im linken unteren Viertel sieht man die beiden Kinder des Paares. Die ältere Tochter in ihrem blauen Kleid blickt, ähnlich wie ihre Mutter, unverwandt aus dem Bild auf die Betrachter. Der Junge schaut mit seiner Trommel und dem Blumenstrauß aus dem Bild heraus.

Johann Friedrich Dieterich: Kunst auf Umwegen

Johann Friedrich Dieterich (1787–1846), „Die Familie Rauter“ (1836), 111,5 x 90 cm, Technik: Öl auf Leinwand
Johann Friedrich Dieterich (1787–1846), „Die Familie Rauter“ (1836), 111,5 x 90 cm, Technik: Öl auf Leinwand © Hamburger Kunsthalle / bpk / Christoph Irrgang

Im Vergleich mit früheren Porträts ist dieses Bild ungewöhnlich bunt ausgefallen. Ausgewogen wirkt das Arrangement der Personen. Dargestellt sind der Jurist und Abgeordnete Johann Nepomuk von Rauter und seine Angehörigen. Idis B. Hartmann glaubt: „Dieterich erreicht hier nicht nur einen persönlichen Höhepunkt seiner Porträtkunst, sondern muss zu den besten Künstlern seiner Zeit gerechnet werden.“ Besonders der Vater ist ihm gut gelungen.

Dieterich stammte aus Biberach. Er kam auf Umwegen zur Kunst. Eine Malerlehre gefiel ihm nicht, er wechselte danach zu einem Hutmacher. Heimlich angefertigte Porträts seiner Mutter zeigten sein Talent. Bis 1811 musste er in Stuttgart Theaterdekorationen malen.

Beim anschließenden Kunststudium in München galt sein Hauptinteresse zwar dem Historienbild, aber schon damals verdiente er sich Geld durch das Porträtieren. 1814 wanderte Dieterich zu Fuß (!) nach Italien und bat von dort aus den württembergischen König um finanzielle Unterstützung. Er soll 300 Gulden erhalten haben, verbunden mit der Erlaubnis, ein Jahr in Rom zu bleiben und einen Abstecher nach Neapel zu machen.

Nach dem Aufenthalt soll sich sein Porträtstil geändert haben. In seiner Zeit in Rom fand er Anschluss an die Nazarener, an Cornelius, Overbeck, Veit und Schnorr von Carolsfeld. Kurioserweise soll Dieterich, der auch ein hervorragender Zeichner war, das Porträtmalen nicht besonders gemocht haben, obwohl viele es für seine Spezialität halten. Trotzdem wurde er Porträtmaler des Hofes.