Hamburg. Die satirische Corona-Parabel mit Streep, Blanchett, Lawrence und DiCaprio hätte sich Hollywood besser gar nicht ausdenken können.

Reden wir mal nicht von Corona. Reden wir von, sagen wir, einem Kometen. Einem, der direkt auf die Erde zurast und die Menschheit vernichten wird. Wissenschaftler erkennen das frühzeitig. Aber ihnen wird einfach kein Gehör geschenkt. Weil alle genug mit sich selbst beschäftigt sind. Die Politiker. Die Medien. Aber auch der Rest der Welt.

Das ist die Geschichte des Netflix-Films „Don’t Look Up“, der jetzt ins Kino kommt und ab Heiligabend im Streamingdienst läuft. Und einmal hat Corona auch was Gutes. Eigentlich sollten die Dreharbeiten zu Alan McKays rabenschwarzer Satire schon April 2020 starten. Dann kam der Lockdown, die erste Klappe fiel erst Monate danach. Und alles, was seither an realer Katastrophe geschah, floss munter mit ein. Und wird auf einer zweiten Ebene ständig mitgedacht. Ein Film über einen Kometen als Parabel auf Corona: Das hätte sich Hollywood besser gar nicht ausdenken können.

Netflix-Film „Don’t Look Up“ als Parabel auf Corona

„Don’t Look Up“ beginnt genregerecht in einem kleinen Planetarium in der US-Provinz. Die verhuschte Astronom-Doktorandin Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence) macht die Entdeckung ihres Lebens: einen neuen Kometen. Die Freude währt aber nur kurz, als sie dessen Weg und Geschwindigkeit berechnet. Er wird in genau sechs Monaten und 14 Tagen auf der Erde einschlagen.

Der eilends hinzugerufene Professor Randall Mindy (Leonardo DiCaprio) bestätigt, dass das alles irdische Leben mit einem Schlag auslöschen würde. In jedem anderen Film wäre das der Moment, wo Politik und Medien einsetzen und man zur großen heldenhaften Mission aufbricht, um die Welt zu retten.

Nicht aber hier. Die Akademiker wollen warnen und aufklären. Aber keiner hört zu. Sie werden ins Weiße Haus gebracht, doch die US-Präsidentin (Meryl Streep) denkt nur an ihre Zwischenwahl und hat keinen Kopf für Nachrichten, die die Laune verderben. Wendet man sich halt an die Medien. Die Wissenschaftler schaffen es in die quotenträchtige TV-Show von Brie Evantee (Cate Blanchett), aber da muss erst mal die tränenreiche Trennung eines Popstars (Ariana Grande) ausgewalzt werden.

Für den Todeskometen bleibt da wenig Zeit, und der wird dann mit ein paar zynischen Sprüchlein weggelächelt. Die Warnrufe will einfach keiner hören. Sie sollen aber auch nicht weiterverbreitet werden, weshalb, Running Gag, immer wieder das FBI auftaucht und der Doktorandin guantanamomäßig einen Sack über den Kopf stülpt.

Neuer Netflix-Film ist ein satirisches Meisterwerk

„Don’t Look Up“ ist ein satirisches Meisterwerk im Rang von „Wag the Dog“ und „Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“. Ein Film über alle Realitätsverweigerer und Verschwörungstheoretiker, die, je bedrohlicher sich eine Krise offenbart, sie umso lauter und vehementer leugnen. Ob Klimawandel oder Pandemie.

Halb Hollywood fand sich ein, um mitzumischen, und jeder überbietet den anderen an bissigen Parodien. Etwa Cate Blanchett als total künstliche Talkmasterin. Oder Meryl Streep als Trump-Karikatur, die von Weltuntergang nichts hören mag und den Slogan ausgibt (und auf ihrem Basecap trägt): Einfach nicht in den Himmel gucken: Don’t Look Up! Dann sieht man auch keinen Kometen.

Jonah Hill gibt ihren zynischen Stabschef, Ariana Grande eine treffliche Kopie auf Miley Cyrus und andere Yellow-Press-Helden. Mark Rylance ist kaum wiederzuerkennen als Karikatur milliardenschwerer Unternehmer à la Richard Bran­ston oder Steve Jobs, der eine Mission gegen den Kometen stoppt, weil dieser für die Herstellung von Handys extrem wertvolle Elemente enthält.

Es ist ein Film, der allen Christian Drostens und Lothar Wielers aus der Seele sprechen muss. Weil Corona zwar gar nicht das Thema, aber doch der Elefant im Raum ist. Insofern ist „Don’t Look Up“ der perfekte Film zur vierten Corona-Welle.

„Don’t Look Up“ 145 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Elbe, Studio, Zeise