Hamburg. Wegen nicht zu lösender Probleme mit einem Orchester wurde der Pianist kurzfristig engagiert. Das steckt dahinter.

Die Nachricht kam am Sonntagabend völlig unerwartet: Am 9. Dezember spielt Pianist Igor Levit ein bislang unangekündigtes Konzert in der Elbphilharmonie. Der eigentlich geplante Auftritt der Rotterdamer Philharmoniker mit Pianistin Yuja Wang ist hingegen gestrichen. Ein Gespräch mit ProArte-Geschäftsführer Burkhard Glashoff über die Hintergründe.

Hamburger Abendblatt: Sehr kurzfristig wurde das für diesen Donnerstag in der Elbphilharmonie geplante Konzert des Rotterdams Philharmonisch Orkests mit Pianistin Yuja Wang abgesagt. Warum?

Burkhard Glashoff: Zunächst erreichte uns die Absage von Yuja Wang, die aufgrund der Reisewarnung der amerikanischen Behörden nicht nach Deutschland einreisen kann. Als wir in enger Abstimmung mit dem Orchester schon einen (sehr hochkarätigen) Einspringer für das Klavierkonzert gefunden hatten, äußerte Rotterdam Philharmonic Zweifel, ob das Orchester aufgrund des aktuellen Lockdowns in den Niederlanden und verschärfter Quarantäne-Regelungen die Tournee würde antreten können. Nach zwei Tagen intensiver Diskussion über Hygiene-Schutzkonzepte, 2G-plus und das Reisen in einer „Safe bubble“, analog zu Olympia, kam dann am vergangenen Donnerstag die endgültige Absage.

Konzert Hamburg: Igor Levit springt mit Soloprogramm ein

Sie haben mit Igor Levit, der nun ein Solo-Recital spielt, Ersatz gefunden. Wie kam das?

Glashoff: Wir suchten eigentlich nach einem Ersatzorchester und stießen dabei auf die Kammerakademie Potsdam, die gerade mit Igor Levit arbeitet. Leider war es aber nicht möglich, für den 9. Dezember alle notwendigen Orchestermusiker zusammen zu bekommen. Dann hatten wie die Idee, Igor Levit könnte an diesem Tag mit einem Soloprogramm einspringen, so wie 2017, als er in der Elbphilharmonie kurzfristig zum erfolgreichen Ersatz für den erkrankten Lang Lang wurde.

Warum gehen Sie in einer Zeit, da die Kartenverkäufe überall stagnieren, das Risiko eines Ersatzkonzerts ein, statt den Termin einfach komplett abzusagen und zumindest kein Künstlerhonorar zahlen zu müssen?

Glashoff: Wir wollen nicht, dass die Elbphilharmonie am Donnerstag dunkel bleibt, zumal wir in den vergangenen Tagen immer wieder feststellen konnten, welche große emotionale Bedeutung die Konzerte für das Publikum haben. Die Menschen finden dadurch in einer für alle schwierigen Situation Trost, Zuversicht, vielleicht auch einfach nur Ablenkung. Dieses Mal darf die Stimme der Kultur nicht verstummen – und schon gar nicht für so lange Zeit, zumal es heute durch die Impfungen und Hygieneschutzkonzepte ganz andere Bedingungen gibt als noch vor einem Jahr.

60 Prozent der Plätze bei Igor-Levit-Konzert belegt

Dieses Mal haben Sie eine Alternative gefunden, aber wie schätzen Sie die Lage grundsätzlich ein: Steht uns eine Absagenwelle ins Haus?

Glashoff: Was den laufenden Monat angeht, ist jedenfalls bisher nichts bekannt. Aber natürlich kann es auch im kommenden Jahr noch zu Besetzungsänderungen oder Absagen kommen. Das ist derzeit aufgrund der dynamischen Coronalage in den verschiedenen Ländern einfach nicht absehbar. Wir haben uns daher gemeinsam mit der Elbphilharmonie dazu entschieden, den Kartenvorverkauf für die absehbare Zukunft wieder jeweils nur für den Folgemonat zu öffnen.

Wie stehen sie zur Maskenpflicht im Saal unter 2G-Bedingungen und wie zur 2G-plus-Regelung, also einem zusätzlichen Schnelltest für alle Besucher?

Glashoff: Überall dort, wo Abstände nicht eingehalten werden können, halte ich die Maske für geboten. Das Igor-Levit-Konzert wird allerdings in einer erweiterten Schachbrettvariante stattfinden, das heißt, wir belegen nur ca. 60 Prozent der Plätze. Hier darf die Maske am Platz abgenommen werden – es darf sie natürlich aber auch jeder gern aufbehalten, wenn er oder sie das Bedürfnis verspürt. Ab Januar werden wir voraussichtlich wieder komplett im Schachbrettmuster veranstalten, weil das Modell bei maximaler Sicherheit die größte Flexibilität bietet. 2G plus sehe ich deshalb kritisch, weil die Zuverlässigkeit der Antigen-Schnelltests nicht sehr hoch ist, man also trotz erhöhtem Aufwand kaum zusätzliche Sicherheit gewinnt.