Hamburg. Ein Gespräch mit dem Musiker über seine neue TV-Talkshow, die wegen Corona geplatzten Tour-Pläne und seine Hilfsprojekte für Kinder.

50 Millionen Tonträger hat Peter Maffay in seiner langen Karriere unter das Volk bringen können. Der Musiker, der mit der Zeit immer rockiger wurde, versucht mal wieder etwas Neues. „Begegnungen“ heißt seine Talkshow auf MagentaTV, zu der die Gäste jeweils einen Musikwunsch mitbringen. Den Auftakt macht am Sonntag TV-Quotenkönig Thomas Gottschalk („Wetten, dass ..?“) Er wünschte sich „Eiszeit“.

Hamburger Abendblatt: Sie haben schon mal eine Talkshow moderiert. Jetzt hat die Neuauflage den Titel „Begegnungen“ und hat eine neue Location. Wie kam es dazu?

Peter Maffay: Mir haben das ein paar Freunde vorgeschlagen, die Hörfunk-Moderatoren sind. Die hatten natürlich ein Radioformat im Sinn. Der Sender heißt RSA und sitzt in Leipzig. Ich bin ohnehin ziemlich regelmäßig da oben in Halle, weil meine Partnerin Hendrikje daher kommt. Wir haben es begonnen, es lief auch ganz gut. Weil es allen Beteiligten so gut gefallen hat, haben wir uns überlegt, ob man das nicht noch etwas persönlicher gestalten könnte. Am Ende ist es ein Fernsehformat geworden. Gedreht haben wir in einer Scheune in Dietlhofen (ein Landgut in Oberbayern, wo Maffays Stiftung ein „Tabalugahaus“ für benachteiligte Kinder betreibt, d. Red.). Gedreht haben wir sieben Folgen mit sehr interessanten Gästen. Wir beginnen mit Gottschalk.

Wie wollen Sie sich von den vielen Talkshows absetzen, die es bereits gibt?

Maffay: Wir machen mit unseren Gästen Musik. Das ist natürlich zum Teil ein Abenteuer, weil etliche auf diesem Gebiet nicht gerade zu Hause sind. Aber jeder ist auf diese Situation vorbereitet. Wir lassen da niemanden in ein offenes Messer laufen. Jeder macht so gut mit, wie er kann. Das Publikum ist dankbar für so eine Improvisation, denn alles ist sehr spontan. Es ist natürlich ein Unterschied, ob Joey Kelly, Reinhold Beckmann oder jemand anderes singt, der da keine Erfahrungen hat. Aber es tut der Sache keinen Abbruch, wenn es handwerklich nicht so astrein geworden ist.

Sie waren selbst schon oft in Talkshows zu Gast. Haben Sie dabei nur gute Erfahrungen gemacht?

Maffay: Na ja. Für mich ist diese Erfahrung wie ein weißer Fleck auf der Landkarte. Mit der Zeit bekommt er aber etwas Farbe und Konturen. Spannend fand ich, dass dabei viele Momente entstehen, die man vorab nicht einkalkuliert hat.

Sind Sie gern ein Gastgeber?

Maffay: Ich fühlte mich halt zu Hause. Die Scheune in Dietlhofen betreiben wir schon seit vielen Jahren, wir haben sie in eine Begegnungsstätte verwandelt. Alles ist sehr geräumig. Wir wollen den Gästen auch ein bisschen die Einrichtung und die Hintergründe zeigen. Ich war gerade erst wieder da draußen. Wir hatten Trisomie-21-Kinder da aus Nordrhein-Westfalen. Diese Kinder tragen eine wunderbare Sonne in sich. Das ist für mich eine wirkliche Begegnung und eine kleine Herausforderung. So ähnlich ist das ja auch mit den Talkshow-Gästen.

Wie meinen Sie das?

Maffay: Wenn Sahra Wagenknecht oder Sigmar Gabriel kommen, weiß ich natürlich, dass ich kein Polit-Profi bin. Da uns aber eine Freundschaft verbindet, ist es relativ entspannt, auch wenn wir über Musik reden. Da habe ich dann vielleicht die Nase etwas vorn, aber das gleicht sich im Verlauf eines Gesprächs aus. Wir freuen uns ja auf unsere Gäste und wollen nicht etwa die Säge ansetzen.

Es gibt Menschen, die finden, das Fernsehen bestünde nur noch aus Quiz, Krimis und Talkshows. Wie sehen Sie das?

Maffay: In unserer Fernsehlandschaft ist eine gewisse Monotonie eingetreten. Kinder sehen heute nur noch selten fern. Die gehen ins Netz und holen sich heraus, was sie sehen wollen. Wenn ich mal durch die Programme zappe, stelle ich fest, dass sich sehr viele Sender ähnlich sind. Es gibt einige anspruchsvolle Plattformen, aber leider auch viel Trash.

1999 haben Sie sich schon einmal das Motto „Begegnungen“ auf die Fahne geschrieben. Damals ging es um Weltmusik, oder?

Maffay: Ja. Das war eine schöne Geschichte. Die erste Tour startete vor dem Hintergrund einer wieder aufkommenden Ausländerfeindlichkeit. Wir wollten da einen Gegenakzent setzen. Unser Ansatz war: Die Andersartigkeit von Menschen ist ein Segen und keine Barriere. Begegnungen zuzulassen ist ein Schritt nach vorn und ein Gewinn. Das wollten wir mit unserer Musik verdeutlichen. Einer unserer exotischsten Gäste war der Aborigine Mandawuy Yunupingu aus Australien. Ich habe ihm erklärt, was wir vorhaben, und ihn gefragt, ob er mitmachen will. Seine Antwort: Weiß ich nicht, denn ich kenne dich nicht. Wenn du das ändern willst, kommst du nach Australien. Ich werde dich beobachten. Wenn mir das gefällt, mache ich mit. Es gab bei der Tour aber Anlaufschwierigkeiten. Die Leute da draußen haben nur mit Vorbehalt angenommen, was bei uns passierte. Dann ist langsam das Eis gebrochen. Rückblickend betrachtet, war die Tour einer der wichtigsten Schritte, die wir musikalisch und gesellschaftlich gemacht haben.

Es gab dann noch eine Art Neuauflage mit „Begegnungen“ nämlich „Eine Allianz für Kinder“, oder?

Maffay: Wir haben dafür weltweit nach Künstlern gesucht, die ähnlich vorgehen wie wir. Unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel ist daraus ein beachtliches Konstrukt entstanden. Die Idee war, einen Künstler zu besuchen, sein Projekt vorzustellen und durch einen Sponsor zu finanzieren. Über diesen Elementen schwebte jeweils ein Pate. Der erste Gast, den ich dazu einladen konnte, war Schimon Peres. Ich habe ihn gefragt, ob ich mit seinem Namen ein bisschen hausieren gehen darf, und er antwortete: In dieser Angelegenheit schon. Später kamen dann noch Desmond Tutu, Liz Mohn und viele andere dazu, die der Sache ein schönes Gesicht gegeben haben.

Gibt es in diesen Pandemie-Zeiten wieder Tourpläne?

Maffay: Pläne haben wir viele. Wir haben unsere Tour jetzt zum dritten Mal verlegt. Seit zwei Jahren leben wir in einer enorm angestrengten Situation. Ich versuche irgendwie den Laden zusammenzuhalten. Wir sind etwa 30 Leute, und wir haben eine Band, die überleben muss.

Wie sieht es da mit Hamburg aus?

Maffay: Bei der Tour, die wir im März 2020 abgebrochen haben, sind wir noch in Hamburg aufgetreten. Es war grandios. Auch wenn sich (Bassist) Ben Taylor beim Soundcheck das Bein gebrochen hat. Er ist von der Bühne gefallen. Unser Keyboarder ist dann als Bassist eingesprungen. Ich habe den Leuten erzählt, was passiert ist und gesagt: Wir haben uns überlegt, ob wir euch nach Hause schicken sollen, aber wir wollen spielen. Danach ist der Saal einfach weggeflogen.

„Begegnungen“ ab Sonntag bei MagentaTV