Hamburg. Silvie Torneden ist die neue Leiterin des Frauenmusikzentrums. Besonders wichtig ist ihr, dass sich Jüngere und Ältere austauschen.

In diesen Zeiten auf einer Intensivstation zu arbeiten und zugleich im Kulturbetrieb, ist ein Balanceakt zwischen zwei Extremen. Beide Bereiche sind massiv von der Pandemie betroffen. Allerdings sehr unterschiedlich. „Auf der Intensivstation hätte ich ständig arbeiten können, in der Kultur ist zunächst alles weggebrochen“, erzählt Silvie Torneden bei einem Tee im Frauenmusikzentrum (fmz) in Altona, dessen neue Geschäftsführerin sie ist.

Die Hamburgerin ist eine nachdenkliche und zugleich zugewandte Person. Den Wechsel zwischen Gesundheitswesen und Kunst lebt sie schon lange. Zwei Mal Systemrelevanz. Doch ausgerechnet kurz vor und während Corona hat Silvie Torneden den Fokus noch stärker auf die Kultur gelegt – und nun die Leitung in dem 1987 gegründeten Frauenmusikzentrum übernommen.

Feminismus erreicht Akzeptanz für fmz

„Frauen sowie Trans- und Intermenschen sind nach wie vor unterrepräsentiert in der Musikbranche“, erklärt Silvie Torneden. „Wir möchten den Musikerinnen einen geschützten Raum bieten, um Know-how und Selbstvertrauen zu sammeln.“ Sich ausprobieren, lernen und regelmäßig proben, um dann so gestärkt die Bühnen zu erobern: Für dieses Ziel stehen im Frauenmusikzentrum zwei große und drei kleine Übungsräume bereit, die jeweils mit Instrumenten und Mischpult ausgestattet sind. Die derzeit rund 110 Mitglieder profitieren zudem von professionellen Workshops.

Anne Koenen, die das fmz von 2014 bis 2021 als Geschäftsführerin geleitet hatte, konnte in den vergangenen Jahren einen Wandel beobachten. Die jüngste Welle des Feminismus, befeuert durch Diskussionen wie „Me Too“, habe für eine größere Akzeptanz des fmz gesorgt. Sprich: Die Diskussionen hätten abgenommen, ob ein sicherer Ort ausschließlich für Musikerinnen überhaupt nötig sei. „Wir stoßen auf weniger Widerstände“, erklärt Anne Koenen zufrieden.

Silvie Torneden legt als DJ auf

Und auch das Zuhause des fmz, idyllisch gelegen in einem Hinterhof in Ottensen, ist mittlerweile langfristig gesichert. Nachdem ein privater Eigner das 220 Quadratmeter große Areal zunächst veräußern wollte, kaufte die Lawaetz-Stiftung das Haus 2013 und fungiert seitdem als Vermieter.

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Räume kulturell immer wieder neu zu erschließen, ist seit jeher ein großes Anliegen von Silvie Torneden. Seit 20 Jahren legt sie als DJ Indie und Electro auf. Zudem hat sie von Konzerten bis zu Ausstellungen zahlreiche Veranstaltungen organisiert, darunter im Hafenklang und im Uebel & Gefährlich. Mit diesem Erfahrungsschatz möchte sie auch für das fmz neue Konzertreihen und Kooperationen anschieben. Besonders am Herzen liegt ihr dabei die Vernetzung unter den Generationen. „Es ist wichtig, dass sich Ältere und Jüngere immer wieder intensiv austauschen.“

fmz: Anspruch auf lebenslanges Lernen

Das fmz setzt in seiner Mischung aus Kreativität, Begegnung und gesellschaftspolitischem Anspruch auf lebenslanges Lernen. Silvie Torneden selbst ist ein gutes Beispiel dafür: Bis 2019 absolvierte sie parallel zu ihrer Arbeit im Altonaer Krankenhaus ein Studium zur Kultur- und Medienmanagerin an der Hochschule für Musik und Theater. Zudem ist sie auch als Filmemacherin aktiv, sowohl im dokumentarischen Bereich als auch für Musikvideos. Mit der Hamburger Rapperin Finna realisierte sie jüngst den Clip zu deren Song „Staying Soft“, einem Plädoyer für die Stärke, die im Verletzlichen liegt.

Und natürlich macht die neue fmz-Geschäftsführerin auch selbst Musik. Ihre Punkrockband Bullshit Boy, in der sie Bass spielt, trat jüngst im Hinterhof des Molotow zum ersten Mal live auf. Ein weiterer Neustart. Laut und gut.