Hamburg. “The Beatles – Das Comic“ zeichnet auch die hamburgischen Wege der Band nach. Nicht jede Episode überzeugt hier vollkommen.

Als ein gewisser Paul McCartney am 6. Juli 1957 das Gartenfest der St. Peter’s Church in Woolton bei Liverpool besuchte, hätte die Popgeschichte auch anders verlaufen können. Vielleicht wäre ihm die beim Gartenfest spielende Skiffle-Band The Quarrymen egal gewesen, oder er hätte statt mit Sänger John Lennon lieber mit einem der anwesenden Mädchen gesprochen.

Oder Lennon wäre von McCartneys Gitarrenkünsten bei „Twenty Flight Rock“ nicht überzeugt gewesen. Dann hätte es wohl keine Beatles gegeben, eine Vorstellung, die vielleicht im Filmhit „Yesterday“ funktioniert, aber auch nur da. So viele tolle Lieder wären uns entgangen, innovative Filme wie „A Hard Day’s Night“ oder legendäre Konzerte, zum Beispiel, klar, im Star-Club. Oder im Shea Stadium. Oder auf dem Dach ihres Plattenlabels in London im Jahr 1969, es war der allerletzte Liveauftritt der Beatles vor Publikum.

„The Beatles en BD“: Originalbuch erschien auf Französisch

Offiziell existierten die Beatles nur zehn Jahre, von 1960 bis 1970, aber in fast jedem Jahr setzten John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr neue wichtige popkulturelle Meilensteine. Begleitet und unterstützt wurden sie von zahlreichen „fünften Beatles“ wie Schlagzeuger Pete Best, Bassist Start Sutcliffe, Manager Brian Epstein oder Produzent George Martin. Erfolge und Rückschläge, Liebe und Streit, Konkurrenz und Inspiration bestimmten den Weg von der ersten Single „Love Me Do“ 1962 bis zur letzten Aufnahmesession am 3. Januar 1970, als – ohne John Lennon – „I Me Mine“ entstand.

Vor vier Jahren zeichnete der von Michels Mabel und Edit Pula herausgegebene Band „The Beatles en BD“ auf Französisch die Geschichten der Band von den ersten Begegnungen bis zur Trennung nach. Nach der Übersetzung ins Englische ist „The Beatles – Das Comic“ jetzt auch auf Deutsch, übertragen von Walter Famler, im Wiener Verlag bahoe books erschienen.

24 Einzelepisoden von 25 Zeichnern

„Der ist doch noch feucht hinter den Ohren!“ Der neue Comic erzählt auch, wie die wichtigste Band der Popgeschichte zusammenfand.
„Der ist doch noch feucht hinter den Ohren!“ Der neue Comic erzählt auch, wie die wichtigste Band der Popgeschichte zusammenfand. © Unbekannt | Mabel

Dabei wird keine durchgehende, zusammenhängende Erzählung bebildert, sondern 24 Einzelepisoden aus der Sicht von 24 Zeichnerinnen und Zeichnern, angereichert mit einleitenden Erklärungen und historischen Fotos. Ein Ansatz, der gut zu den Fab Four passt, die besonders ab der „Rubber Soul“-Phase ihren Look und ihren Klang jedes Jahr neu erfanden.

So zeichnet Lu-K die schicksalhaften ersten Begegnungen von John, Paul und George nach, mit Illustrationen von Vox geht es dann direkt nach Hamburg in den Kaiserkeller und in die Friedrich-Ebert-Halle, wo Tony Sheridan und die Beatles alias Beat Brothers mit Produzent Bert Kaempfert „My Bonnie“ aufnehmen.

Persönlichkeiten wie Ed Sullivan und Yoko Ono tauchen auf

Astrid Kirchherr, die wie Jürgen Vollmer mit Fotoapparat und Schere den Look der frühen Beatles prägt, bekommt ein eigenes Kapitel von Anne-Sophie Servantie. Chronologisch geht es weiter mit bekannten Persönlichkeiten wie Brian Ep­stein, Ed Sullivan und Yoko Ono und historischen Begebenheiten wie dem Beginn der Beatlemania, der Entstehung von Alben wie „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ oder dem Song „Yesterday“ und Anekdoten wie den falschen Gerüchten über Pauls Unfalltod.

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Das alles ist oft nicht nur Beatles-Insidern bekannt, aber immer wieder lesenswert sind sie trotzdem wie die Geschichte „Der Mann, der die Beatles nicht unter Vertrag nahm“, gezeichnet von Amandine Puntous. Nicht jedes Lied der Beatles war ein Hit, sie haben sogar einiges an Mittelmaß auf Vinyl und Zelluloid gebannt, und so ist es auch mit „Die Beatles – Das Comic“. Bei den vielen Stilen der Zeichnenden, die vom hastigen Karikatur-Strich bis zum Fotorealismus reichen, weiß nicht jede Episode zu überzeugen.

„The Beatles – Das Comic“: ganz nett für zwischendurch

Aus norddeutscher Sicht muss auch toleriert werden, dass die Übersetzung offensichtlich für die Beatles-Fans in Österreich gedacht ist. Statt Januar heißt es in diesem Buch konsequent „Jänner“, der Kaiserkeller ist ein „abgesandelter“ (verlotterter) Club und Ringos Schlagzeughocker ist „das coolste Stockerl in der Geschichte der Popmusik“. Pauls Arbeitstitel „Scrambled Eggs“ (Rührei) für „Yesterday“ wird zu „Eierspeis“. Übrigens ist nur ein einziges Beatles-„Konzert“ in Österreich überliefert: Im März 1965 spielten sie rotzbesoffen in der Hotelbar „Schistall“ in Obertauern für die Filmcrew der „Help!“-Dreharbeiten, eine lustige Anekdote, die sich gut als Comic machen würde.

Gaet’s: „The Beatles – Das Comic“. Herausgegeben von Michels Mabel und Edit Pula. bahoe books. 224 S., 25 Euro
Gaet’s: „The Beatles – Das Comic“. Herausgegeben von Michels Mabel und Edit Pula. bahoe books. 224 S., 25 Euro © Unbekannt | Bahoe Books

Insgesamt ist „The Beatles – Das Comic“ wie die Beatles-Alben „Help!“, „Beatles For Sale“ oder „Let It Be“: ganz nett für zwischendurch, aber es gibt auch noch bessere. Bei den Comics sei „Der fünfte Beatle“ (2014) von Vivek J. Tiwari, Andrew C. Robinson und Kyle Baker empfohlen, der auf berührende wie fantasievolle Weise die Lebensgeschichte von Brian Epstein erzählt. Eine „Magical Mystery Tour“ in Bildern.