Hamburg. Zweite Solidaritäts-Welle in Hamburg. Dorit & Alexander Otto Stiftung unterstützt Kulturschaffende erneut mit Geld.
Nichts geht mehr in der Kultur, schon wieder nicht. Immer noch nicht. Verwaiste Bühnen, leere Konzertsäle, verstummte Clubs, blickdichte Museen. Ein Zustand, der viele mürbe macht und verzweifeln lässt. Rücklagen schmelzen dahin, Nerven liegen blank, Seelen sind wund, weil niemand etwas Falsches getan hat und dennoch praktisch die Ausübung vieler Berufe verboten wurde.
Die vorerst für November verordneten Corona-Gegenmaßnahmen werden auch in der Hamburger Kulturlandschaft dramatische Folgen verursachen, weil Künstlerinnen und Künstler und die mit ihrer Arbeit verbundenen Branchen nichts verdienen können. Eine Stadt, die in den vergangenen Jahren mehr und mehr auf Kultur setzte und zunehmend daran Gefallen fand, sich mehr über Kultur zu definieren, ist zur Brache geworden. Und neben der Verzweiflung ist ein Stimmungsumschwung erkennbar, eine Mischung aus Zorn und Trotz, aus Erschöpfung und Verständnis.
Eine Million Euro für Hamburgs Kulturlandschaft
Gerade erst hat der Sänger Herbert Grönemeyer in einem „Spiegel“-Interview Sonderzahlungen aller 1,8 Millionen deutschen Millionäre vorgeschlagen, eine in diesem Jahr, eine im nächsten, mit Beträgen zwischen 50.000 und 150.000 Euro, die sich auf mehrere Milliarden Euro summieren würden. Dabei hat er auch die elementare Bedeutung von Kultur betont: „Es ist keine Freizeitgestaltung! Wir sind ein elementarer Teil der Gesellschaft, um die Seelenzustände der Menschen aufzufangen. Unterhaltung ist ein schöner Begriff, weil wir genau das machen: Wir halten die Menschen von unten, wir stützen sie ab. Wir geben ihnen geistige Lebensenergie, was zum Kauen für den Kopf, machen ihnen Lust aufs Leben.“
Als Gegenmittel zur zweiten Infektionswelle gibt es nun auch eine zweite Solidaritätswelle in Hamburg: Die Dorit & Alexander Otto Stiftung unterstützt Kulturschaffende mit einem Hilfsfonds, der eine Million Euro schnell und unbürokratisch zur Verfügung stellt. Möglich wird die Aktion „Kultur hält zusammen“ durch eine Zusammenarbeit mit der Hamburgischen Kulturstiftung, das Abendblatt ist Medienpartner. So soll das Weiterarbeiten ermöglicht werden – und damit die Vielfalt des Kulturangebots.
Schon im Frühjahr, als alles begann, hatte sich diese Stiftung maßgeblich am ersten Hilfsfonds „Kunst kennt keinen Shutdown“ beteiligt. Ermöglicht durch Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen waren damals 302 Projekte freier Künstlerinnen und Künstler in Hamburg mit mehr als 700.000 Euro unterstützt worden.
Einzelne Künstlerinnen und Künstler können sich für 2000 Euro bewerben
In einer ersten Förderrunde können sich einzelne Künstlerinnen und Künstler für 2000 Euro bewerben, für Gruppen verdoppelt sich dieser Betrag auf 4000 Euro. Die Antragstellung ist vom 13. bis 20. November ausschließlich online möglich, und in der ersten Jahreshälfte 2021 ist eine zweite Förderrunde geplant, teilten die Stiftungen gestern mit.
„Schon vor dem zweiten Lockdown war uns klar, dass wir etwas für die Künstlerinnen und Künstler in Hamburg tun möchten“, sagt die Stiftungsvorsitzende Dorit Otto. „Mit diesem Fonds wollen wir ein Zeichen setzen, wie unverzichtbar ihr Wirken für unsere Gesellschaft ist. Wir freuen uns über jede Idee, suchen aber insbesondere Projekte, die auch Menschen erreichen, die beispielsweise sozial benachteiligt sind oder isoliert leben müssen. Wir möchten helfen, dass Kunst und Kultur nicht verstummen, sondern eine starke Stimme behalten.“
So soll das Weiterarbeiten ermöglicht werden
Kultursenator Carsten Brosda betont den Solidargedanken und die Wichtigkeit dieses Beitrags. „Mäzene wie Dorit und Alexander Otto machen mit ihrem kontinuierlichen Engagement die Vielfalt der Kunst- und Kulturszene in der Stadt erst möglich – auch und gerade in diesen schwierigen Zeiten. Dafür danke ich sehr!“
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Gesa Engelschall, geschäftsführender Vorstand der Hamburgischen Kulturstiftung, ist erfreut über die „enorme Unterstützung“, denn „die Situation ist und bleibt für viele Künstlerinnen und Künstler angespannt bis existenzbedrohend. Daher freuen wir uns sehr, uns in diesem Umfang gemeinsam für sie einsetzen zu können. In unseren Kooperationen mit der Dorit & Alexander Otto Stiftung erleben wir deren Verantwortungsbewusstsein seit vielen Jahren hautnah. Wir sind sehr dankbar, sie auch in diesen unsicheren Ausnahmezeiten an unserer Seite zu wissen.“
Im März, als die erste Runde der Hilfsmaßnahmen startete, hatte der Mäzen Claus-G. Budelmann etwas zu Protokoll gegeben, das auch jetzt, jetzt erst recht, schmerzhaft richtig und aktuell ist: „Die Bereitschaft in der Stadt bei denen, die sich für Kultur interessieren und sie lieben, ist gegeben. Viele sind bereit, jetzt etwas zu tun. Wir vermissen die Kultur so!“ Aus diesem akuten Schmerz droht – mindestens – ein chronisches Leiden zu werden.
Ausschreibung und weitere Informationen unter www.kulturstiftung-hh.de. Das Hamburger Abendblatt und NDR Kultur sind Medienpartner dieser Aktion.