Lübeck. 146 von 160 Filmen im Programm können online abgerufen werden. Drama „Unser Mann in Amerika“ zur Eröffnung.
Auch in Lübeck ist in diesem Jahr alles anders. Am Mittwoch werden dort die 62. Nordischen Filmtage (NFL) eröffnet, die bis zum 8. November dauern. Gezeigt werden Filme aus den skandinavischen Ländern, dem Baltikum, Hamburg und Schleswig-Holstein. Anders als in den vergangenen Jahren wird sich diesmal aber nicht das Publikum im Cinestar an der Mühlenbrücke und den anderen Spielstätten drängeln, wenn die Titelmelodie des Festivals, der Finnische Tango, erklingt.
Auch der Versuch, die NFL als hybride Veranstaltung durchzuführen, also als Kombination aus spärlich besetzten Kinovorstellungen und Online-Angeboten, wie das beim Filmfest Hamburg gut funktionierte, hat sich kurz vor dem Lockdown zerschlagen. Die Stadt Lübeck sagte die Filmtage bereits am 26. Oktober in ihrer herkömmlichen Form ab. Damit geht es den Lübeckern ähnlich wie dem Internationalen Filmfest Braunschweig, das seit vorgestern als Online-Ausgabe läuft. Die Festivals in Lünen und Cottbus haben dagegen ihre geplanten Veranstaltungen in den Dezember verschoben.
7 Euro kostet es, einen Film zu streamen
In Lübeck haben die Veranstalter eine Menge unternommen, um den Zuschauern trotzdem den Zugang zu den Filmen zu gewähren. So ist es etwa möglich, zum Preis von 7 Euro Filme als Stream zu sehen. Ein Angebot, das auf große Resonanz stößt: „Das Publikum hat unsere Homepage gestürmt“, berichtet Pressesprecherin Silke Lehmann über den Verkaufsstart der Online-Tickets. Anders als üblich sei das Interesse an den Nordischen Filmtagen nicht nur in Lübeck und Umgebung, sondern bundesweit sehr groß. Filmfans, denen die Anreise bisher zu aufwendig oder teuer war, haben nun coronabedingt die Gelegenheit teilzunehmen.
Eröffnet werden die Nordischen Filmtage heute mit der Deutschlandpremiere des Dramas „Unser Mann in Amerika“. Es geht um Henrik Kauffmann (Ulrich Thomsen), der als dänischer Botschafter in den USA im Zweiten Weltkrieg Widerstand gegen die Besetzung seines Heimatlandes durch die Nazis geleistet hat. Doch Widerstand gegen die Besatzer war während des Krieges unpopulär: König Christian X. ächtete den Botschafter, als er für ein freies Dänemark plädierte. Nach dem Kriegsende wurde Kauffmann dann zum Nationalhelden. Christina Rosendahls Film passt gut ins Deutsch-Dänische Freundschaftsjahr 2020. Auf prominente Gäste zur Eröffnung, die online live übertragen wird, wird man in Lübeck aber wohl verzichten müssen.
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Imponierend: Insgesamt stehen 146 der 160 Filme als Stream für das Publikum bereit. „Chapeau für diesen Kraftakt!“, lobt Helge Albers, Chef der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Noch ein Grund für Festivalstolz: Von den 160 Filmen im Programm sind 72 Werke von Filmemacherinnen, das entspricht einem Anteil von 45 Prozent. Da können sich A-Festivals wie Cannes eine dicke Scheibe abschneiden.
In Dokumentarfilmen geht es auch um „Wege des Glücks“
Im Dokumentarfilmprogramm gibt es 16 Deutschlandpremieren und eine Europapremiere. Zu den Themen gehören unter anderem „Wege des Glücks“ und „Kulinarische Traditionen“. „Das Schöne am Dokumentarfilmprogramm ist, dass es uns zeigt, dass es neben Corona noch andere Probleme auf der Welt gibt – und dass Menschen sie angehen“, sagt die scheidende künstlerische Leiterin des Festivals, Linde Fröhlich.
Bisher, so die Veranstalter, hätten sie viele positive Rückmeldungen von ihrem Publikum bekommen. Um wenigstens ein bisschen Festival-Gefühl vermitteln zu können, werden auf der Homepage Festivaltalks angeboten, in der Abteilung „Director’s voices“ kommentieren Regisseure ihre Filme, und auch die Preisverleihung wird online übertragen.
Programm, Tickets und weitere Informationen: www.nordische-filmtage.de