Hamburg. Astor-Gründer Flebbe spricht von „blindem Aktionismus“ der Politik. Auch Hamburgs Filmbranche hat Sorgen.

Seit gestern greifen die neuen Lockdown-Maßnahmen. Was bedeutet das für die ohnehin schon arg gebeutelte Filmbranche? Michael Lehmann, Produktionschef von Studio Hamburg, und Hans-Joachim Flebbe, Chef der Astor-Kinogruppe, erklären ihre Sichtweise der Situation.

„Die aktuellen Maßnahmen wurden ergriffen, damit die Menschen zur Arbeit gehen können. Kreativität ist unsere Arbeit und unsere Leidenschaft, das sind unsere Jobs. Wir sind ein großer Beschäftigungsmotor, Tausende von Familien leben von unserer Branche“, sagt Lehmann. Was momentan noch gedreht werde, sei größtenteils aus dem Frühjahr dorthin verschoben worden.

Falsch-positive Corona-Tests bei Dreharbeiten

Teilweise habe es bei den Dreharbeiten falsch-positive Corona-Tests gegeben. Anschließend wurden dieselben Mitarbeiter negativ getestet und konnten nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt weiterarbeiten. „Das ist eine ganz schwierige Gemengelage, weil wir ohne eine Versicherung gegen die Pandemie arbeiten müssen.“ Ein Abbruch von Dreharbeiten hätte hohe Kosten zur Folge.

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Die ganze Branche sei in heller Aufregung. „Das Auf und Ab geht heftig an die Kräfte der Mitarbeiter.“ Deshalb dreht Studio Hamburg zurzeit nicht mehr viel, unter anderem neue Folgen der Serien „Notruf Hafenkante“ sowie „Großstadtrevier“ und in Berlin für das ZDF einen Thriller mit Nadja Uhl. Dabei hat der Senat den Produktionsfirmen erlaubt, in Hamburg weiterzuarbeiten. Im Dezember soll allerdings noch in England „The Cleaner“ gedreht werden– die britische Adaption vom „Tatortreiniger“, obwohl das Land kurz vor dem Lockdown steht. Aber in Großbritannien greift ein staatlicher Versicherungsfond, falls es zum Abbruch kommt.

Moderne Großkinos sind mit modernen Belüftungs- und Klimaanlagen ausgestattet

Auch in der Kinolandschaft stehen die Zeichen auf Sturm. Gerade erst wurden von Filmverleihunternehmen wieder attraktive Filme für einen Kinostart angekündigt. Das hat sich mit der Entscheidung für den Lockdown zerschlagen. „Ein radikaler Lockdown wäre ex­trem hart, aber zu akzeptieren gewesen“, ärgert sich Flebbe. „Da wären die Neuinfektionen zurückgegangen, und im Anschluss hätte es wieder konstruktiv weitergehen können. Aber jetzt gibt es einen Flickenteppich aus Entscheidungen, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann.“ Dagegen will er auch gerichtlich vorgehen.

„Alle kulturellen Institutionen werden auf Null heruntergefahren, obwohl im Theater oder eben auch im Kino objektiv kein Risiko besteht.“ Anders als in der Gastronomie sitzen die Gäste in einem Kino auf ihrem Platz und schauen in Richtung Leinwand, auch geredet wird eher nicht. Zudem sind die modernen Großkinos mit modernen Belüftungs- und Klimaanlagen ausgestattet, die mit bis zu 100 Prozent Außenluft für saubere Luft sorgen. „Wir sind in unseren Filmtheatern in der Lage, für einen sicheren Besuch zu sorgen und durch unser Buchungssystem auch die Kontaktverfolgung zu gewährleisten“, erklärt Flebbe. Hier werde im blinden Aktionismus eine Branche getroffen, die keine durchsetzungsfähige Lobby habe.

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Die staatliche Unterstützung sei bei den Unternehmen gar nicht oder in kleinsten Dosen angekommen. „Der Branche geht der Atem aus. Helfen können nun nur schnelle und unbürokratische Hilfspakete, um den vollständigen kulturellen Kollaps noch zu verhindern.“

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