Hamburg. Sphärisch und brachial: Der Trompeter und seine Band verbreiten im Großen Saal eine sinnliche Melancholie. Der Sound? Exzellent.

Gerade mal einen Monat ist es her, dass Nils Petter Molvær ein neues Album veröffentlicht hat: „SulaMadiana“ mit dem Percussionisten Mino Cinelu, der auch schon in den Diensten von Miles Davis und Weather Report stand. Unter normalen Umständen hätten die beiden wohl jetzt die neuen Stücke in der Elbphilharmonie gespielt, doch das Coronavirus hat vieles durcheinander gewirbelt.

Und so tritt der norwegische Trompeter am Montagabend mit seiner gewohnten Band an, um ein eigentlich für vergangenen April geplantes Konzert nachzuholen – wegen der Besucherbeschränkungen gleich doppelt, um 18.30 und um 21 Uhr.

Nils Petter Molvær: Wenn das Konzert vom Jazz zum Rock driftet

Eine Rampensau ist Molvær bekanntlich nicht, und so lässt er auch an diesem Abend die Musik sprechen. Keine Zwischenansagen, keine Pausen für den Applaus, stattdessen ein steter Klangstrom, begleitet von atmosphärisch passender, mal blauer, mal roter, Bühnenbeleuchtung.

Was unbestimmt sphärisch beginnt, wird im Verlauf des Auftritts treibender, bisweilen in einer Lautstärke deutlich über den Zurücklehn-Wohlfühlen-Modus hinaus. Aber: Der Sound bleibt auch in vergleichsweise brachialen Passagen, wenn der Abend vom Jazz weg und zum Rock hin driftet, exzellent.

Gewohnheitshuster bleiben der Elbphilharmonie offenbar fern

Und für die leisen, geradezu hingehauchten Momente, die es immer wieder gibt, ist der Große Saal ja ohnehin ideal. Zumal wenn die früher üblichen Gewohnheitshuster entweder nicht mehr kommen oder sich wegen Corona nicht mehr zu husten trauen.

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Um so konzentrierter lassen sich das fein-perkussive Spiel von Schlagzeuger Erland Dahlen, die Bogenkunst von Bassist Jo Berger Myhre und die ausgebreiteten Klangflächen von Keyboarder/Gitarrist Johan Lindström bestaunen. Über allem schwebt natürlich die Trompete von Nils Petter Molvær mit ihrem oft sprödem Ton. Nichts ist hier glatt und glamourös, alles scheint vom Leben gezeichnet, strahlt eine sinnliche Melancholie aus.

Ganz ausverkauft ist das erste der beiden Konzerte nicht, aber dafür haben sich in der Elbphilharmonie auch keine Gelegenheits-Kartenkäufer versammelt, sondern Fans, die wissen, was sie erwartet, die Molværs musikalische Innerlichkeitstrips vielfach schon seit dem gefeierten Solo-Debüt „Khmer“ (1997) lieben und sich nach gut 60 Minuten noch eine kurze Zugabe erklatschen. Ein starker Start in die Woche.