Hamburg. Intendant Axel Schneider blickt optimistisch in die neue Saison. Auf dem Programm stehen von Schirach, Kehlmann, Hornby und Loriot.

Die Erleichterung ist Intendant Axel Schneider und seiner Dramaturgin Rike Maerten anzumerken, als sie im Saal des Altonaer Theaters endlich den Saisonstart am 13. September und das Programm der kommenden Spielzeit verkünden können. Sechs Premieren, nur 160 statt der üblichen 531 Plätze, die Saison 2020/2021 wird eine Herausforderung. Und auch die gewählten Themen haben es in sich: Sterbehilfe, Suizid, Flucht vor Tod, Mord und Habgier.

„Wir leben in Zeiten essenzieller Kämpfe“, so Axel Schneider. „Kämpfe, die für manchen auch existenziell sind.“ Er als Theatermacher sehe es als zentrale Aufgabe, die Themen wieder hervorzuholen, die durch die alles dominierende Pandemie in Vergessenheit geraten sind. Es komme jetzt auf die Kunst an, diese Themen unterhaltsam zu verpacken.

Axel Schneider hat einen echten Coup gelandet

Nachdem das geplante Sommer-Musical entfallen musste, hat Axel Schneider nun einen echten Coup gelandet: Am 13. September soll, von ihm inszeniert, Ferdinand von Schirachs neues Stück „Gott“ seine Hamburg-Premiere erleben. Ausnahmsweise ein Dramenstoff, auch wenn Schneider betont, dass das Motto „Wir spielen Bücher“ am Altonaer Theater weiterhin gilt. „Gott“ erzählt mit sieben Mitgliedern aus dem elfköpfigen „offenen Ensemble“ des Hauses vom Sterbewunsch eines Witwers, der vor dem Deutschen Ethikrat verhandelt wird und Fragen zu Selbstbestimmung und Verantwortung aufwirft. Am Ende wird, wie bei von Schirach üblich, das Publikum ein Urteil fällen.

Am 18. Oktober folgt „Die Reise der Verlorenen“ von Daniel Kehlmann nach dem Buch „Voyage of the Damned“ von Gordon Thomas und Max Morgan-Witts in der Regie von Thomas Luft, der erstmals am Altonaer Theater inszeniert. Es geht um eine wahre Begebenheit, die Irrfahrt der „St. Louis“, eines Passagierschiffes der Hapag. Im Jahr 1939 flüchteten darauf 937 Jüdinnen und Juden von Hamburg aus in Richtung Kuba und USA vor dem Nationalsozialismus. Doch sie erhielten keine Einreise-Erlaubnis, und das Schiff fand lange keinen Hafen. Anhand der Schicksale der Menschen an Bord erzählt Kehlmann zwischen den Zeilen auch von Fluchtbewegungen der Gegenwart.

Dritte Joachim-Meyerhoff-Adaption im März

Mit einem klassischen Krimi um Tod und Gerechtigkeit huldigt Regisseur Mathias Schönsee ab dem 7. Februar dem Dichter Friedrich Dürrenmatt, der am 5. Januar 2021 100 Jahre alt geworden wäre. Mit „Der Richter und sein Henker“ gibt Schönsee sein Altonaer Regie-Debüt. Und schließlich bringt das Haus nach „High Fidelity“ ein weiteres Schauspiel nach einem Roman von Nick Hornby heraus. Am 2. Mai inszeniert Christian Nickel „A Long Way Down“, eine amüsant-nachdenkliche Geschichte über vier Menschen, die, ermüdet von der Großstadt und dem Leben, zur selben Zeit auf einem Hochhausdach zwecks Suizid zusammentreffen.

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    Genug der eher schweren Stoffe, ein wenig Leichtigkeit erlaubt sich Axel Schneider im Spielplan dann doch. Mit „Loriots heile Welt“ von Vicco von Bülow bringt Hans Schernthaner ab dem 28. November einige besonders gelungene Episoden des Humoristen auf die Bühne. Ursprünglich für den vergangenen März geplant, wird am 21. März 2021 auch endlich die dritte Joachim-Meyerhoff-Adaption „Alle Toten fliegen hoch – Amerika“, inszeniert von Georg Münzel, ihre Premiere erleben. Es ist der erste Band der autobiografisch gefärbten Reihe, die den 18-jährigen Ich-Erzähler in die USA führt, ihn aber auch mit dem plötzlichen Tod seines Bruders konfrontiert.

    Besonders gute Nachricht

    Mit Astrid Lindgrens „Meisterdetektiv Kalle Blomquist“ und „Petersson, Findus und der Hahn“, sind zudem zwei Kinderstücke geplant. Außerdem können sich die Besucher im April auf die Wiederaufnahme der erfolgreichen Krimi-Komödie „Baskerville“ in der Regie von Eva Hosemann freuen. Eine hochkarätig besetzte Lesung ist zudem für den 31. Januar angekündigt, wenn Sandra Quadflieg und Katharina Thalbach in „Im Vertrauen“ aus den Briefwechseln von Hannah Arendt und Mary McCarthy lesen.

    Insgesamt verlange der Spielplan maximale Flexibilität, so Axel Schneider. Vor allem für die später in der Saison angesetzten Neuinszenierungen spekuliere man darauf, dass die Abstandsregeln im Frühjahr weiter gelockert würden, wenn sich alle entsprechend vernünftig verhielten, so der Intendant.

    Eine besonders gute Nachricht gibt es außerdem zu vermelden: Die coronabedingt ausgefallenen Privattheatertage werden im kommenden Juni in einer dreiwöchigen Doppelausgabe nachgeholt. Die Finanzierung durch den Bund und die Stadt Hamburg ist gesichert. Gastieren werden dann Produktionen aus dem gesamten Bundesgebiet – einige sind vor der Pandemie entstanden, andere unter Corona-Bedingungen. Eine gemeinsame Gala soll das Ereignis glanzvoll beschließen.

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    Axel Schneider ist dankbar, so sagt er, für die erfahrene Unterstützung durch die Hamburger Politik und auch durch das Publikum, das sich an Spendenaktionen beteiligt hat. Er habe starke Solidarität gespürt. Das Altonaer Theater sei bereit für eine Saison unter der „neuen Normalität“, bei der die Zuschauer sich aufgrund des hinterlegten Abstands- und Hygienekonzepts sicher fühlen können. Und bei der es auf Besucherwunsch hin neue Anfangszeiten gibt: Vorstellungsbeginn ist künftig um 19.30 Uhr, am Sonntag um 18 Uhr.

    Altonaer Theater Programm der Spielzeit 2020/2021 und Karten: www.altonaer-theater.de