Hamburg. Das junge Hamburger Privattheater First Stage versucht, mit Ideen wie im Profi-Fußball den Musical-Spielbetrieb wieder aufzunehmen.
Viele Wochen hatte der Hamburger Musical-Experte Thomas Gehle gehofft, gebangt und bei der Kulturbehörde immer wieder freundlich nachgefragt. Es musste erst Pfingsten vergehen, ehe sich die Miene beim Direktor des First Stage Theaters etwas aufhellte: Als letztes der bisher nicht von der Stadt geförderten Privattheater erhält auch das First Stage die beantragte Corona-Hilfe, damit die laufenden Kosten das relativ kleine 279-Plätze-Theater nicht erdrücken.
Das barrierefreie Theater in Altona-Altstadt hatte im Frühjahr 2016 eröffnet und hat geschäftlich nichts mit dem Musical-Multi Stage Entertainment zu tun. Das Fördergeld, dem Vernehmen nach eine Summe im mittleren bis oberen fünfstelligen Bereich, ging inzwischen auf dem Konto des First Stage ein.
Musical-Theater First Stage weiter in Existenz-Sorge
„Unser Konto ist zumindest nicht mehr im Minus“, freut sich Gehle über die Hilfe aus der Behörde. Für den Zeitraum Mitte März bis Ende Juni, der vom Hamburger Senat angeordneten Schließung aller Theater, hatte der geschäftsführende Gesellschafter des Musical-Theaters noch 50.000 Euro mehr als Bedarf ausgerechnet.
Weil das First Stage lange Zeit gar nichts von der Hamburger Kulturbehörde bekommen sollte, hatte Gehle aus Sorge um die Existenz des Theaters mit seinem Vermieter eine Stundung der Miete von Mitte März bis Ende Juni ausgehandelt, solche Kosten waren von der Kulturbehörde für andere private Bühnen beglichen worden. Das First Stage muss die gestundeten Mieten wohl im dritten Quartal zahlen. Zukunft weiter ungewiss.
Für das populäre Rock-Musical „Footloose“, das ursprünglich Mitte Juni starten sollte, wurden im Vorverkauf bereits 4500 Karten abgesetzt, doch ob und wie das Stück in naher Zukunft gespielt werden kann, ist unklar. „,Footloose‘ kann es zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht geben“, hat Gehle inzwischen erkannt. „Wir wollen gern alsbald loslegen – doch unter den jetzigen Abstands- und Hygieneregeln rechnet sich das nicht“, sagt er. Bisher pendelten die Eintrittspreise auch bei Großproduktionen zwischen moderaten 19 und 55 Euro.
Virologe bestätigt Musical-Theater optimale Luftverhältnisse
Der Theaterchef verweist darauf, dass in Österreich nur eine Abstandsregel von einem Meter zwischen den Sitzplätzen gelte und Familien oder Besucher aus häuslichen Gemeinschaften direkt nebeneinander sitzen können. Zudem sei das Umluftsystem im modernen, dicht bestuhlten Theatersaal des First Stage optimal, das habe ihm sogar ein Virologe bestätigt: Die frische Luft kommt von unten und strömt nach oben aus.
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Anstatt mit allabendlich 23 Darstellern, die meisten frische Absolventen der Bühnenfachschule Stage School, ein energiegeladenes Musical wie „Footloose“ mit Liebesszenen, schmissigen Songs und Gruppen-Choreografien aufführen zu lassen, sucht Gehle – ähnlich wie seine etablierten Intendanten-Kollegen im Sprechtheater – nun nach kleineren, handhabbaren Stücken. Wobei es hier schon fünf bis zehn Darsteller sein sollten.
Kuss-Szenen im Musical? Machbar!
Und wie steht es hier mit Kuss-Szenen? Die hält Gehle für machbar, wenn der Regisseur die Paare nur mit Frauen und Männern besetzt, die auch privat ein Paar sind. Und – deren Einverständnis vorausgesetzt – wenn auch die weiteren Darsteller in häuslicher Gemeinschaft leben, hält Gehle sogar eine Quarantäne für die Zeit des Engagements im First Stage für denkbar. Schauspieler und Sänger wären dann auf Zeit auf ein Leben zwischen Wohnung und Theater beschränkt, verbunden mit einem Fahrservice. Alles für die Kunst – und zur Rettung für das jüngste Hamburger Theater-Kind.
Was ist erlaubt, was nicht? Fragen an den Bürgermeister