Hamburg. Die analogen Büchereien sind geschlossen, die Onleihe ist geöffnet und vorbereitet: Allein 68.000 E-Books sind im Bestand.

Die geistigen Zapfsäulen und kulturellen Ladestationen sind dicht. Das bringt eine Verlustmeldung nach der anderen mit sich. Und den Menschen wird schon bald nach imaginären Vermisstenanzeigen sein. Dabei tun viele Institutionen alles, um weiter für ihre Kunden und Fans dazusein. Beispiel Hamburger Bücherhallen: Gemeinsam mit dem Deutschen Bibliotheksverband weisen diese daraufhin, dass derzeit Corona-bedingt lediglich analoge Leihen nicht möglich sind. Die Büchereien sind geschlossen. Wie viele Bibliotheken bundesweit verfügen jedoch auch die in Hamburg über ein breites Angebot an elektronischen Medien.

„Der Fokus liegt auf E-Books, in unserem Bestand sind etwa 68.000 verschiedene Titel“, erklärt Frauke Untiedt, die Leiterin der Bücherhallen. Wie die Online-Leihe funktioniert? Mit den digitalen Anwendungen Onleihe-App und Libby-App auf Smartphones, PCs, Tablets oder E-Readern – dort kann sich jeder Nutzer mit seinen Kundenkartendaten virtuell in den Bücherhallen umschauen. „Wir bieten allen Hamburgern für die nächsten sechs Wochen eine kostenlose Kundenkarte für unsere digitalen Angebote an“, sagt Untiedt. In der Kürze der Zeit seien die Bücherhallen buchhalterisch nicht in der Lage, zügig Zahlungseingänge zu bearbeiten, „wir sehen in der Aktion aber auch unseren Beitrag, mit Lesestoff zum Zuhausebleiben zu animieren“.

Und was ist mit den derzeit entliehenen „echten“ Büchern?

Neben Büchern gibt es auch viele Audio- und Videoangebote, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Wie modern die Bücherhallen längst sind, mag auch die Palette an Streamingplattformen illustrieren, die den Kunden Zugang zu Arthause-Kino, Klassik, Jazz und Pop ermöglicht. Für Schülerinnen und Schüler gibt es eine breite Auswahl von Datenbanken wie statista und Munzinger zum Recherchieren.

Und was ist mit den derzeit entliehenen „echten“ Büchern? Die Bücherhallenkunden können, sollen und müssen die analogen Leihen behalten, bis die Bücherhallen wieder aufmachen. Es werden keine Säumnisgebühren erhoben. Frauke Untiedt: „Wir sind froh, wenn die Menschen unsere Medien behalten, bis wir wieder öffnen können. Durchschnittlich 35 Prozent unseres Bestandes ist immer entliehen, wir hätten gar nicht den Platz für alle Rückläufe.“

33.000 Kunden nutzten im letzten Jahr die Digital-Leihe

Dass digital besser ist, fanden bei den Bücherhallen im vergangenen Jahr übrigens 33.000 Kunden. „Aktuell werden zwischen 4000 und 5000 elektronische Medien pro Tag bei uns ausgeliehen“, erklärt Frauke Untiedt. Die Bücherhallenchefin weiß freilich auch, dass die Bibliotheken ein wichtiger sozialer Treffpunkt sind. Am letzten Öffnungstag vor der Schließung hätten die Bücherhallen Besuch von sehr vielen Menschen gehabt, „die sich sehr rücksichtsvoll und umsichtig mit großen Stapeln von Büchern und Filmen eingedeckt haben“, berichtet Untiedt.

Der Wegfall der Standorte treffe viele Menschen hart. Das Servicetelefon arbeite im Moment mit verstärkter Besetzung und bekomme viele Rückmeldungen von Menschen, die die Schließung sehr bedauern. „Besonders für die vielen informellen Treffen in unseren Häusern und die große Anzahl von Schülerinnen und Schülern in der Abiturvorbereitung gehen verlässlich geglaubte Strukturen verloren“, glaubt Untiedt.

Ganz leer, was Menschen angeht, sind die Hamburger Büchereien derzeit im Übrigen nicht. Die Parole „Heimbüro“ gilt nämlich für Bücherhallenbedienstete noch nicht. Aber die digitalen und telefonischen Angebote sollen – „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“ – demnächst ortsunabhängig sein, sagt Untiedt.

In Zeiten der Krise ist nun auch in Hamburgs Büchereien Zeit für Revisionen und Bestandsarbeiten. Am wichtigsten ist aber der digitale Anlaufpunkt - wer sich Bücher ausleihen will, kann dies trotz Corona-Schließung immer noch tun.

Informationen zur Online-Leihe gibt es natürlich unter www.buecherhallen.de.