Hamburg. Schultz will ganz schön viel mit ihrem Erstling. Eine Krimigeschichte, viel Psychologie und eine Messerspitze Familientragödie.
Liest man „Hundesohn“, die Geschichte eines verpeilten Ex-Kriminellen im Dienste des organisierten Verbrechens mit deutlichem Alkoholproblem, ist dies wohl nicht das Erste, was man der Debütantin Sonja M. Schultz zugetraut hätte. So aufgeräumt und intellektuell blickt die Theaterwissenschaftlerin vom Foto im Klappentext. Man fragt sich die ganze Zeit über, wie Schultz wohl an diese Insider-Infos gelangt ist, den Slang des Milieus, die ausgekleideten Totalabstürze, die Haltlosigkeiten, die sie eindrucksvoll beschreibt. Aber das eben tut sie, es gibt dem durch sein Leben strauchelnden Hawk eine sehr authentische Färbung.
Die Geschichte von Hawk berührt, weil er so unbedingt den Neuanfang will – und dabei grandios scheitert. Die alten Seilschaften im Hamburger Rotlichtmilieu holen ihn ein, ebenso die enttäuschte Liebe zur Wirtin Lu, die die Hafenkneipe Les fleurs du mal betreibt, und zu guter Letzt funkt auch noch seine desaströse Familiengeschichte dazwischen. Es gibt wenige Lichtblicke in diesem Roman, überall lauert Verrat, aber immerhin findet Hawk vorübergehend Aufnahme als Hafenarbeiter, und auch ein zartes Band der Liebe offenbart sich.
Knackige Sätze
Die Autorin Sonja M. Schultz wuchs im Hamburger Umland auf. „Hundesohn“ ist das beachtliche Ergebnis ihrer Teilnahme an der Autorenwerkstatt Prosa im Literarischen Colloquium Berlin als Stipendiatin. Dabei habe sie auch einige Bargespräche geführt, sagt sie. Knackige Sätze wie dieser sind dabei entstanden: „Es stank penetrant nach Zitrone, was sicher vom Scheuermittel kam, mit dem der jahrzehntealte Rauch, das Bratfett und die Ausdünstungen von Typen auf Barhockern weggeschrubbt worden waren, die Typen gleich mit.“
Schultz will ganz schön viel mit ihrem Erstling. Eine Krimigeschichte, aber auch viel Psychologie, viel Milieu, ein Hauch Action und eine Messerspitze Familientragödie. Und doch balanciert sie die Elemente gekonnt aus. „Hundesohn“ liest sich atemlos in einem Rutsch. Unverkennbar stehen Vorbilder wie Denis Johnson Pate für den Stil des Romans. Vor allem Hamburger werden an dem üppigen und genau beobachteten Lokalkolorit ihre Freude haben.
Sonja M. Schultz: „Hundesohn“, Kampa Verlag, 320 Seiten, 22 Euro