Hamburg. Das Thalia und das Ernst Deutsch erhielten bei der Gala zum Theaterpreis Hamburg 2018/19 jeweils zwei Auszeichnungen.

In vielen Theatern ist der Montag der einzige spielfreie Tag der Woche. Seit 2006 steht jedoch an einem Montag im Herbst ein Schauspiel an, dessen Ausgang offen ist: die Verleihung des Theaterpreises Hamburg – Rolf Mares, benannt nach dem früheren Direktor der Staatsoper und Intendanten der Komödie Winterhude. Ein Mann, der für ein Mit- statt Gegeneinander von Staats- und Privattheatern stand. Und für die Vielfalt der hiesigen Theaterlandschaft, die bundesweit ihresgleichen sucht. „Hamburg hat viele herausragende Bühnen, auf denen die Fragen unserer Zeit ebenso verhandelt werden wie alltäg­liche Konflikte und emotionale Ausnahmesituationen. Ihr Fundus an Geschichten ist so unerschöpflich wie ihre Kreativität. Auch deshalb verlässt beinahe niemals ein Zuschauer, eine Zuschauerin unberührt den Theatersaal“, sprach Kultursenator Carsten Brosda (SPD) am Montagabend im Ohnsorg, das zum wiederholten Mal Ort der Gala war.

Intendant Michael Lang, mit dem Verein Theater Hamburg Gastgeber, konnte sich über einen der neun Preise für 2018/19 freuen: Ohnsorg-Ensemblemitglied Till Huster wurde als herausragender Darsteller für seine Leistung als „Der Mann in’n Stroom“ ausgezeichnet. Das Ohnsorg hatte Siegfried Lenz’ Roman von 1958 über den arbeitslosen Hamburger Taucher und zweifachen Vater Hinrichs im vorigen Herbst als erste deutsche Bühne herausgebracht.

Kirill Serebrennikov konnte seinen Preis nicht entgegennehmen

Je zweimal geehrt wurden das Thalia Theater und das Ernst Deutsch Theater. Schauspielerin Cathérine Seifert aus dem Thalia-Ensemble erhielt die Auszeichnung als herausragende Darstellerin für ihre atemberaubende Verkörperung der Barbara in Tracy Letts’ „Eine Familie“. In der Kategorie Bühnenbild wurde Eva-Maria Bauer für ihre gewaltige Installation der Uraufführung von Simon Stephens Gegenwartsstück „Maria“ bedacht. Ebenfalls als herausragende Darstellerin wurde Anika Mauer für die Titelrolle der Sophie im gleichnamigen Drama ausgezeichnet. Im Ernst Deutsch Theater begeisterte die Berliner Schauspielerin, indem sie das Leben einer Frau zwischen sechs bis 87 Jahren verkörperte. Zweiter Preis für das große Privattheater war in der Kategorie herausragende Inszenierung jener an Choreograf Kevin Haigen für seinen Abend „Bundesjugendballett trifft Shakespeare“.

Wermutstropfen der von Kabarettist Michael Frowin (Leiter des Theaterschiffs) moderierten und von der Band Albers Ahoi begleiteten Gala: Kirill Serebrennikov konnte seinen Preis für die herausragende Inszenierung von „Nabucco“ nicht entgegennehmen. Im März hatte der russische Regisseur an der Staatsoper Verdis Oper neu inszeniert sowie Bühnenbild und Kostüme entworfen, obwohl er wegen Hausarrests nicht nach Hamburg reisen durfte. Zwar wurde der Arrest in Moskau im April aufgehoben, Serebrennikov erwartet aber ein Verfahren wegen angeblicher Unterschlagung von Fördergeldern.

Sonderpreis für außergewöhnliche Leistungen

Welch ein Kontrast – auch das macht den Theaterpreis Hamburg aus – zwischen dem unfreien Gast-Regisseur der Staatsoper mit fast 1700 Plätzen und den Preisträgern des Monsun Theaters: Stellvertretend für die Off-Bühne (80 Plätze) in Ottensen wurden mit dem Gesamtkunstwerk „Das Hirn ist ein Taubenschlag“ die Musiker Clara Jochum und Hannes Wittmer geehrt. Als herausragende Dramaturgin erhielt Rita Thiele vom Deutschen Schauspielhaus einen Preis für die Erstellung einer Bühnenfassung mit Regisseurin Karin Henkel aus gleich drei Texten Thomas Bernhards.

Und dass die siebenköpfige Jury um Inge Volk nicht in Schubladen denkt, zeigte die Vergabe des Sonderpreises für außergewöhnliche Leistungen im Hamburger Theaterleben: Er ging diesmal ans Polittbüro mit Lisa Politt und Gunter Schmidt. Das seit 1984 aktive Kabarettduo Herrchens Frauchen betreibt seit 2003 in St. Georg seine linksalternative Bühne mit Lesungen, Theater, Konzerten und Kabarett. Obwohl die Betreiber seit Jahren nicht mehr bei der Theaternacht mitmachen, da es sich für sie nicht lohne, wurden auch sie bedacht. Aus den Erlösen der Veranstaltung von gut 40 Bühnen im September finanziert sich der Theaterpreis Hamburg zu großen Teilen. Alle Preisträger bekamen je 1000 Euro und einen Montblanc-Füller.