Plön. In der ehemaligen Schwimmhalle des Schlosses Plön zeigt der Hamburger Maler Jochen Hein seine Ausstellung „Nichtschwimmer“.

New York, Zürich, Basel – wenn Hamburger Künstler international gefragt sind, ist das erfreulich. Noch erfreulicher ist es aber, wenn die Hochkaräter ihrer norddeutschen Heimat treu bleiben und auch dort ausstellen. Im Moment zeigt Jochen Hein seine Ausstellung „Nichtschwimmer“ im Kulturforum des Schlosses Plön. In dessen 1908/1909 im Jugendstil erbauten Schwimmhalle lernten die Söhne Kaiser Wilhelms II. einst das Schwimmen (nicht im angrenzenden Großen Plöner See, der mit bis zu 56 Meter Tiefe zu gefährlich schien).

Bis 1994 wurde das Becken vom Staatlichen Internatsgymnasium genutzt. Heute geht hier niemand mehr baden, schon gar nicht die Kunst. In nur einjähriger Bauzeit wurde das Untergeschoss durch die Marius-Böger-Stiftung und die Stadt Plön saniert und kulturell nutzbar gemacht.

Der mit Rundbogen­arkaden und Seitenschiffen fast sakral anmutende Ort mit herrlichem Licht gibt den Rahmen für Konzerte, Lesungen, Theateraufführungen und nun Heins Landschaftsporträts aus den vergangenen fünf Jahren: Schon aus der Ferne betrachtet spürt man die Kälte des „Eismeeres“ und die Rauheit der „schweren See“ bei Sturm. Und gleich nebenan plätschert ein Sommertag am „Teich“ dahin.

Der Künstler führt Betrachter gern in die Irre

Tritt man näher heran, zerfallen die Wellen und Schaumkronen jedoch in ihre farblichen Moleküle. Typisch Jochen Hein: Der Küstenstreifen, der einem eben noch so vertraut vom letzten Inselurlaub erschien, erweist sich als pure Illusion. Auch das „Ufer“ und das „Gras“, das in unterschiedlichen Grüns im Sonnenlicht funkelt, existieren so nur im Kopf.

Ob der Maler sich an fotografischen Vorlagen bediene, so wie einst Gerhard Richter, möchte eine Besucherin wissen. Dieser Vergleich – so schmeichelhaft er scheint – weist in die falsche Richtung. Denn mitnichten möchte Jochen Hein wie Richter die Realität nachahmen oder entfremden. Er fängt in seinen Bildern nur die oberflächlichsten Reize ein, die beim Betrachter das Wiedererkennen auslösen.

Schon bei seiner Schau „Reflexionen“ im Sommer 2018 in der Hamburger Galerie Commeter bereitete es dem Künstler sichtlich Vergnügen, den Betrachter in die Irre zu führen. „Es geht mir darum, dass wir aus der Falle, dass wir der Welt und ihrer Oberfläche Bedeutung geben wollen, nicht herauskommen. Insofern sind meine Bilder höchst ungenau. In Wahrheit sind sie nur hingeworfene Materie“, so Hein.

Hauptmotiv der Schau ist die „kochende See“

Um diesen Effekt zu erzielen, werden die Acryltuschen mit großen Handstreicherpinseln aus dem Baumarkt auf Holz oder Baumwollleinwand aufgetragen oder tatsächlich geworfen, dort vermischen sie sich und verlaufen. Nur der letzte Strich, der zum Beispiel die Meeresoberfläche markiert, müsse sitzen – „der passiert genau nur einmal im Universum.“

Die Meeresbilder in Plön zeigen die Erhabenheit der Natur und ihre tiefgründige Kraft. Am beeindruckendsten ist die „Kochende See“, das große Hauptmotiv, das Hein extra für diese Räume fertiggestellt hat und die Besucher empfängt: „In ihr wird der beste Schwimmer zum Nichtschwimmer“, erklärt der Maler auch den Ausstellungstitel.

Der in Husum geborene und aufgewachsene Künstler ist seit jeher fasziniert von Himmel und Meer, fuhr mit seinem Vater häufig mit dem Boot raus. Und doch sind ihm diese vertrauten Dinge in gewisser Weise fremd geblieben: „Ich bin wasserscheu und begegne dem Meer mit Ehrfurcht. In eine Schwimmhalle – auch in diese wunderschöne Jugendstilschwimmhalle – hätte man mich nicht bekommen, wenn sie nicht trockengelegt und zum Kunstverein umgemünzt worden wäre“, sagt Hein.

Schwimmen, schlemmen oder Kanu fahren

Wer nach der Ausstellung Durst und Hunger zügig stillen will, kann gleich nebenan im Restaurant Alte Schwimmhalle einkehren. Um den Kunstausflug abzurunden, empfiehlt Jochen Hein einen Spaziergang um den Plöner See mit seinen vielen schönen Cafés. Auch Kanus können hier gemietet werden. Jedoch nicht hier hat sich der Maler nach der Vernissage zu weiteren Seebildern inspirieren lassen, sondern am Plußsee im benachbarten Rathjensdorf, wo man beim Schwimmen der Natur ganz nah kommt. Aber Achtung: Es geht dort 28 Meter in die Tiefe!