Hamburg . Beim Familientag strömten kleine und große Besucher in das Konzerthaus. Das Programm gaben diesmal die Kinder vor.
Seelenruhig schläft ein kleiner Junge auf dem Arm seiner Mutter, während sie mit der Rolltreppe zur Plaza der Elbphilharmonie hinauffährt, wo sie von beruhigenden Klängen des Gamelan Ensembles empfangen wird. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn der ist beim Familientag in der Elbphilharmonie am Sonnabend schon kurz vor Einlass deutlich spürbar.
Eine große Menschentraube, darunter vor allem Kinder, hat sich vor den Treppen, die zum Großen Saal führen, versammelt. Als es endlich so weit ist und die Absperrbänder geöffnet werden, stürmen die kleinen und großen Besucher in die oberen Stockwerke, um jeden Winkel des neuen Hamburger Wahrzeichens zu erkunden.
Zebra plötzlich verschwunden
„Aber der Große Saal ist da!“, ruft ein kleines Mädchen seiner Mutter zu und zieht sie an der Hand in die entgegengesetzte Richtung. Manche der Kids scheinen sich bereits besser im Konzerthaus auszukennen als ihre Eltern. Und das kommt ihnen zu Gute. Denn bei der Hausrallye gilt es sieben Tiere zu finden, die sich über alle Etagen verteilt haben. Zebra, Elefant, Löwe – sie alle tanzten eben noch im Foyer und sind plötzlich verschwunden.
„Welches Instrument ist schwarz-weiß?“, fragt Jolanda Schröder zwei kleine Mädchen, die aufgeregt vor ihr stehen. Schröder, die normalerweise Hausführungen durch die Elbphilharmonie macht, ist an diesem Tag als Zebra unterwegs. „Klavier!“, rufen die Zwei nach kurzer Überlegung und Beratung. Dafür gibt es für jede von ihnen einen Stempel auf ein kleines Kärtchen, das sie um den Hals tragen. Für die beiden geht es lachend weiter auf die Suche nach dem nächsten Tier, denn sie wollen ihre Stempelkarten füllen. Wer alle Tiere gefunden hat, auf den wartet am Infopoint ein kleines Geschenk.
"Ich will den Gewinn abstauben"
Was das beste am Familientag in der Elbphilharmonie ist, darauf hat der zehnjährige Nils Hansen eine klare Antwort: „Ich will den Gewinn abstauben“, sagt er selbstbewusst und grinst. Er freue sich aber auch auf die Konzerte. Bevor es im Großen Saal losgeht, legt er mit seinen Geschwistern Pernilla (7) und Lasse (12) noch an der Geigenbau-Station Hand an. Es gilt einen Holzrohling zu schleifen. Worauf es beim Geigenbau ankommt? „Man muss sehr vorsichtig sein und professionell vorgehen“, sagt Nils. Schwester Pernilla, die sich schon sehr auf ihren bald beginnenden Cellounterricht freut, möchte unbedingt noch ein richtiges Cello in die Hand nehmen, bevor die Familie weiterzieht.
Willi Weitzel moderiert die Veranstaltung
Im Großen Saal herrscht derweil schon emsiges Gewusel. Es gilt freie Platzwahl. Die Chance, einem Konzert von seinem Wunschplatz aus zu lauschen. Die Schwestern Stephanie und Angelika Kurz haben es mit ihren Kindern und den Großeltern in die erste Reihe geschafft. „Er freut sich besonders auf die Geigen“, sagt Angelika Kurz mit einem Blick auf ihren Sohn Santino. „Er will selber bald Geige lernen.“ Der Fünfjährige baumelt unterdessen mit den Beinen und schaut etwas schüchtern in Richtung Bühne, während seine erst ein paar Wochen alte Cousine auf dem Arm der Tante schläft. „Liebe Kinder, liebe Eltern und liebe normale Menschen“, begrüßt Moderator Willi Weitzel, bekannt aus der Fernsehsendung „Willi wills wissen“ das Publikum und sorgt für erste Lacher. Spielerisch stellt er anschließend Organist Thomas Cornelius vor, der sein Können am „Tastentier“ demonstriert und der Orgel beim „Karneval der Tiere“ von nach Tierlaut bis Schiffshorn klingende Töne entlockt.
Bei Klangsafari auf Geräuschejagd
Einigen Besuchern ist das Auftaktkonzert jedoch etwas zu eintönig. „Es wurde sehr viel geredet. Wir hätten uns mehr Instrumente gewünscht“, sagt Martina Lorenz nach dem Konzert. Sohn Ben, der zum ersten Mal im Großen Saal war, hat trotz dessen einen positiven Eindruck gewonnen: „Die Akustik ist sehr schön“, lobt der Zwölfjährige. Zusammen mit seiner kleinen Schwester Malea (10) ist er an der Instrumentebau-Station fleißig dabei aus Pappbechern und Küchenpapierrollen mit buntem Klebeband Handy-Lautsprecher zu konstruieren. Das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen.
Andere Kinder gehen bei der „Klangsafari“ auf Geräuschejagd und wuseln mit Aufnahmegeräten vorbei oder testen den Klangteppich, eine Art Twister mit Tonübertragung durch Fußkontakt.
Der Kleine Saal wird zur Disko
Was einigen Besuchern beim Karneval der Tiere zu ruhig war, macht die Band D!e Gäng wett, die den Kleinen Saal in eine Disko verwandelt. Es wird geklatscht, gesungen und gehüpft. „Ich will Taschengeld, Mama, du bist doch angestellt“, singen die drei „Gäng-Girls“ etwa zu den Reggae-Klängen ihrer erwachsenen Bandkollegen.
Beim „Mach mit!-Konzert“ der Symphoniker Hamburg wird schließlich auch der Große Saal in Bewegung gebracht. Es ist ein schönes Bild wie sich der gesamte Saal erhebt, um sich zu den Klängen von Edvard Griegs Morgenstimmung aufzuwärmen – linker Arm, rechter Arm und dann kreisförmig beide zusammen. Anschließend wird ein eigens komponierter Text zu Georges Bizets Farandole gesungen.
„Die Kinder geben das Programm vor“, sagt Justizsenator Till Steffen (Grüne), der mit seinem Sohn zum Familientag gekommen ist, lachend auf die Frage, wohin es als nächstes geht. Und das tun sie. An diesem Tag, an dem die Elbphilharmonie in Kinderhand ist.