Hamburg. Weltweit ist es der erste Einsatz der Inklusions-Technologie. Ab dem 1. Juli wird der digitale Wegweiser am Millerntor eingesetzt.

Wer als blinder Mensch ein Museum besuchen möchte, braucht eine Begleitperson. Dank einer neuen Hightech-Brille könnte das jedoch bald der Vergangenheit angehören. Anders als ein konventioneller Audio-Guide ermöglicht die von der Nürnberger Firma „Inclusify“ entwickelte „Blindspotter MR“ Blinden und Sehbehinderten die eigenständige Bewegung im Raum. Im FC St. Pauli Museum wird das neue Wegeleitsystem weltweit erstmals eingesetzt

„Das System funktioniert über akustische Signale“, erläutert Inclusify-Vorstand Marco Richardson. „Je nach Kopfbewegung erklingt ein Ton, wodurch ein Raumgefühl entsteht. Dadurch wird der haptische Effekt eines Blindenstocks ersetzt.“ Ähnlich eines Fahrassistenz-Systems im Auto warnt die Brille vor Hindernissen oder Abweichungen vom Weg. Wird ein Exponat erreicht, liefert eine Audioquelle Informationen. „Die Beschreibungen sind toll“, sagt Serdal Celebi, Blindenfußballspieler des FC St. Pauli beim Testen der neuen Brille. „Ich könnte der Stimme von Rainer Wulff ewig lauschen.“ Alle Raum- und Objektbeschreibungen wurden von St. Paulis Ex-Stadionsprecher eingesprochen.

Individuelle Einstellungen geplant

Ein Verbesserungsvorschlag von Celebi konnte bereits umgesetzt werden. „Mir waren es am Anfang zu viele Signale, das hat mich gestört.“ Künftig soll die Brille zudem nicht nur eine einzige Einstellung haben, sondern individuell auf die Bedürfnisse des Trägers eingestellt werden können, so Marco Richardson. Auch Nina Schweppe vom Fanclub Seehunde, einem Fußball-Fanclub für Blinde und Sehbehinderte, hat die Brille bereits getestet: „Das ist eine absolut tolle Zukunftsvision. Ich könnte mir auch eine Menge Anwendungen im Alltag damit vorstellen.“

Die Hightech-Brille ist auf die aktuell im FC St. Pauli Museum laufende Ausstellung „Kiezbeben“ zugeschnitten. Realisiert wurde das Inklusionsprojekt unter anderem in Zusammenarbeit mit der Aktion Mensch. „Unser Ziel ist es, alle Menschen mitzunehmen“, sagt Kurator Christoph Nagel. „Ganz gleich, welche Einschränkungen sie haben.“

Über blindspotter.kiezbeben.de kann ab Juli ein Besuch der Schau mit der Hightech-Brille im FC St. Pauli Museum gebucht werden