Hamburg. Kultursenator Brosda eröffnete die Räume an der Wartenau – und vermählte sich symbolisch mit den künftig dort Verantwortlichen.
So schnell kann es gehen. Kaum gibt der Hamburger Senat der Freien Szene der darstellenden Künste eine Million Euro zusätzlich an Fördergeldern, wird Kultursenator Carsten Brosda (SPD) zum Dank gleich der Ehering angeboten. So geschehen in einer performativen Darbietung anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Netzwerkbüros Freie Szene. Ab sofort residiert es in den Räumen des Dachverbands freie darstellende Künste Hamburg e.V. in der Wartenau, im Rücken eine Förderung der Behörde für Kultur und Medien in Höhe von 100.000 Euro pro Jahr.
Der Senator jedenfalls sagt ohne zu zögern „Ja, ich will“, nimmt den Ring aus den Händen des Theaterduos Meyer Kowski an und gibt damit einmal mehr ein Bekenntnis zur gewachsenen Bedeutung der Freien Szene ab - einen Ehevertrag will er allerdings noch aushandeln.
Digitale Probenraumplattform geplant
Derart positiv gelöst war die Stimmung zuletzt selten bei den zahlreich erschienenen Vertretern der Freien Szene Hamburgs, aber an diesem Tag hat sie mehr als ein Aufbruchsignal zu feiern. Zwar ist es erstes Kriterium und Selbstverständnis der Freien Szene, dass sie sich zu experimentellen Formen und freiem Produzieren bekennt. Also genau für das Gegenteil von Gemütlichkeit und etablierten Verhältnissen steht. Gleichwohl, so Kultursenator Carsten Brosda, brauche auch das Experiment ein Minimum an etablierten Strukturen, um die Situation für die Beteiligten auch lebensfähig zu gestalten.
Das besorgt ab sofort dieses Büro für Sichtbarkeit, Gastspiel- und Wiederaufnahmeförderung sowie Probenraumverwaltung mit drei Teilzeitangestellten. Sie vernetzen die Freie Szene innerhalb und außerhalb der Stadt, übernehmen die Geschäftsführung des Dachverbandes freie darstellende Künste, entwickeln Weiterbildungskonzepte und verwalten die Probenraumkontingente. Geplant ist konkret die Einrichtung einer digitalen Probenraumplattform.
Bewusst ungemütlich bleiben
Die Geschäftsführung des Netzwerkbüros teilen sich die Öffentlichkeitsarbeiterin Ulrike Steffel und die Theaterproduzentin und Dramaturgin Kaja Jakstat. Die dritte Stelle wird erst zum Sommer besetzt. Das Büro soll aber bewusst kein starrer Theaterapparat werden, sondern „ein kleines, hochflexibles Dreipersonenbüro, das sich anpasst an die wechselnden Bedarfe der Szene“, so Barbara Schmidt-Rohr, stellvertretende Vorsitzende des Dachverbandes freie darstellende Künste Hamburg.
„Wir brauchen die Freie Szene für das Sich-nicht-gemütlich-Machen in einer vielleicht nicht gemütlichen Welt“, bestärkt Kultursenator Carsten Brosda die Macherinnen und Macher. Bewusst ungemütlich bleiben, irritierend bleiben, bewusst die Freiheitsmöglichkeiten ausloten, das sei es, was er an der Freien Szene schätze. Es sei gerade der Reiz, zu Beginn des Jahres nicht zu wissen, was vielleicht am Ende passiere.
Brosda: „Inspiration und Freiheit“
Trotz der „Pfadfinder“ im neuen Netzwerkbüro, die sich auch als Kunstermöglicher verstehen, soll es künstlerisch auch weiterhin aufregend bleiben. „Ich wünsche uns ganz viel Irritation, Inspiration und Freiheit im Sinne von Abenteuer und Aufbruch in einer Stadt, die sich manchmal vielleicht etwas zu gemütlich verfestigt“, so Brosda. Die Räume des Netzwerkbüros versprühen auf jeden Fall einladenden, zugleich aber sympathisch unfertigen, die Kreativität fördernden Fabrik-Charme. Genauso soll es nun weiter und aufwärts gehen mit den freien darstellenden Künsten in der Stadt.