Hamburg. Die Symphoniker Hamburg stellten die Konzertsaison 2019/20 mit Ungewöhnlichem vor. Neuer Preis für junge Talente wird vergeben.

Unter einem griffigen Goethe-Zitat – aus dessen Gedicht „Selige Sehnsucht“ – machen es die Symphoniker Hamburg nicht. Sein „.. und werde!“ ist ihr Leitmotiv für die Saison 2019/20, die zweite mit dem immer noch neuen Chefdirigenten Sylvain Cambreling. Was wohl auch signalisieren soll, dass man miteinander noch nicht (dort) ist, wo und wie man sein möchte.

In der Laeiszhalle zumindest soll weiter betont und demonstriert werden, wie wichtig das tönende Tun dort ist. „Ein Licht, das uns leitet, ist die Überzeugung, dass Musik und Konzerte wichtig sind. Wir denken, dass wir mit jedem Konzert einen Bezug zur Welt herstellen“, erklärte Intendant Daniel Kühnel bei der Präsentation im Brahms-Foyer sein Arbeitsverständnis, und fügte hinzu, dass der Konzertsaal ein „Ort politischen Handelns“ sei. „Wir können jetzt und heute die Welt neu erfinden.“

Kurze Sonntags-Konzerte im Programm

Auch Cambreling war voll des Lobes („Aktuell gibt es für mich hier großes, großes Glück“), vor allem aber für ein neues Konzert-Konzept: Bei drei von ihm moderierten „Pro-Log-Konzerten“ steht die klangfarbenschillernde Musik des 1998 gestorbenen Gérard Grisey im Mittelpunkt. Diese etwa einstündigen Sonntags-Konzerte beginnen um 17 Uhr, als anregende Einstimmung auf die Hauptprogramme gedacht, aber auch als Erkundungen in ein unterrepräsentiertes Kapitel zeitgenössischer Musik. Für Besucher des späteren Hauptkonzerts kostet diese Bonus-Runde vorab fünf Euro (nur der Prolog kostet 15 Euro).

Die ästhetische Ausrichtung und die programmatische Handschrift Cambrelings sind in den Repertoire-Linien der nächsten Saison ebenso klar erkennbar, wie sie es – mit anderen Vorzeichen – bei seinem Vorgänger Sir Jeffrey Tate waren. In diesem Fall also: einiges Französisches statt der britischen Akzente zuvor, dazu eine amtliche Portion Standard-Literatur und das eine oder andere des Polen Karol Szymanowski, dessen erklärter Fan Cambreling ist.

Nicht alles handelsüblich

Von ihm zu entdecken ist außer der „Symphonie Concertante“ auch eine „Litanei an die Jungfrau Maria“, in einem interessant kuratierten Programm aus Geistlichem vom Mozart, Tschaikowsky und Strawinsky mit Sufi-Musik von Aicha Redouane und dem Ensemble Al-Adwar im ersten drei „Morgen Musik“-Konzerte, die eine weitere Neuformatierung darstellen. Die Kombination aus Beethovens „Pastorale“ mit dessen Violinkonzert verspricht durch die Solistin Carolin Widmann Reibung zu liefern. Auch die Mischung aus Dallapiccolas „Piccola musica notturna“, Rachmaninows 2. Klavierkonzert mit Dong Hyek Lim als Solist und Sibelius’ Fünfter ist alles andere als handelsüblich.

In die Saison wird am 22. September französisch gestartet, Cambreling dirigiert drei Gänge Ravel: die Valses nobles et sentimentales, das Klavierkonzert für die linke Hand (Solist: Roger Muraro) und die komplette Musik zu „Daphnis et Chloé“. Bei ihrem Auftritt am 27. Oktober kehrt Martha Argerich, Schirmherrin ihres Hamburger Festivals im Juni, zum 1. Chopin-Klavierkonzert zurück, das sie, so Kühnel, seit etlichen Jahren nicht aufgeführt habe.

Wagner und Mahler

Danach geht es angenehm vielschichtig und vielfältig weiter: Der US-Amerikaner James Feddeck dirigiert Rachmaninows 2. und ein Klarinetten-Werk von Golijov. Elena Bashkirova als Solistin im 2. Bartók-Klavierkonzert wird von Wagners „Tristan“-Vorspiel und Schostakowitschs 15. umrahmt. Als Ergänzung zu Mahlers „Lied von der Erde“ mit dem Tenor Daniel Behle und dem Bariton Michael Volle hat sich Cambreling für Dutilleux’ Cellokonzert „Tout un monde lointain“ entschieden.

Mehrere Jahre gab es niemanden, nun hat man wieder einen „Artist in residence“ engagiert, den rumänischen Cellisten Andrei Ioniţă, mit sechs Konzerten im Spielplan sichtbar präsent. Er spielt außer dem von Dutilleux auch ein Cellokonzert von C.P.E. Bach und das 1. Schostakowitsch-Konzert.

Sir-Jeffrey-Tate-Preis für junge Talente wird vergeben

Eine weitere Neuerung ist die Auslobung eines Sir-Jeffrey-Tate-Preises für junge Musikerinnen und Musiker mit außergewöhnlichem Lebenslauf, dotiert, initiiert und gestiftet von Annegret und Claus-G. Budelmann. Wer immer die Auszeichnung von der Fachjury zugesprochen bekommt, wird sich am 2. Februar bei einem Festkonzert in der Laeiszhalle präsentieren. Nicht neu erfunden, aber anders gestaltet werden die rasend beliebten HaSy-Konzerte – andere Schreibweise (Hasi) und eine neue Puppe, um das ganz junge Publikum spielerisch zu erreichen und für das Goethe-Motto zu begeistern. Konkrete Auslastungszahlen mochte Kühnel nicht nennen.