Hamburg. Ausstellungsprogramm 2019/20 wird bunt. Es gibt unter anderem Videokunst und die Schau „Disney, Rockwell, Pollock, Warhol“.

„Here We Are Today“ – treffender könnte der Ausstellungstitel kaum lauten, mit dem das Bucerius Kunst Forum seinen neuen Standort einweiht: Am 6. Juni wird das Museum, das erst vor 16 Jahren neben dem Rathaus eröffnete, in die Bucerius Passage am Alten Wall ziehen. Um die Ecke, in ein sogenanntes Multitalent-Gebäude, das Büroflächen, Gastronomie und Einzelhandel unter einem Dach vereint. Und bald auch auf 3400 Quadratmetern eines der wichtigsten Museen der Stadt beherbergt.

Spektakulär wird schon das Entree sein: Am Alten Wall weisen zwei Kaleidoskop-Kunstwerke des Isländers Ólafur Elíasson den Weg ins Museum. Vom Neuen Wall kommend, können Besucher über eine neu gebaute Fleetbrücke direkt ins Ausstellungshaus schlendern.

„Unseren Leitsätzen ,Ein Haus für alle Besucher‘, ,Ein Haus für alle Generationen‘ und ,Ein Haus für alle Künste‘ können wir in den neuen Räumen auf insgesamt vier Etagen noch stärker gerecht werden“, sagte Andreas Hoffmann, Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums, bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch. Mit jährlich rund 200.000 Besuchern sei das jetzige Museum räumlich an seine Grenzen gekommen. 2014 habe man sich daher für den Umzug entschieden.

Klimatechnik sichert kostbare Leihgaben

Nicht nur die Kunst wird mehr Raum bekommen, auch das Veranstaltungsrepertoire vom Kammerkonzert bis zur Vortragsreihe „Zur Sache, Hamburg“. Dafür wurde in der obersten Etage auf knapp 500 Quadratmetern ein Auditorium mit spezieller Akustik, einem eigenen Foyer und einem Lichthof geschaffen, in dem sich die Besucher die Pausen durch den Blick in den Hamburger (Sternen-)Himmel versüßen können – Glasdach sei Dank.

Mit großem Elan führten Andreas Hoffmann, Robert Voigt vom Vermieter Art Invest und Sebastian Flatau vom Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner über die Baustelle: vom großzügigen Foyer mit Museumsshop und Ausstellungsfläche im Erdgeschoss über die u-förmig gebaute zweite Ausstellungsfläche im Obergeschoss, wo der Blick aus bodentiefen Fenstern direkt ins Arbeitszimmer des Bürgermeisters geht.

„Die neuen Räume haben den großen Vorzug, dass wir die Kunst auf einer Ebene präsentieren können. Auf die jeweilige Ausstellung abgestimmt, kann der Saal im Ganzen bespielt oder in viele kleine Kabinette unterteilt werden“, erläutert Kathrin Baumstark, Kuratorin des Bucerius Kunst Forums.

Auch Andy Warhols „Silver Liz“ von 1963 wird zu sehen sein.
Auch Andy Warhols „Silver Liz“ von 1963 wird zu sehen sein. © Sammlung Froehlich, Stuttgart

Eine Besonderheit sei die Verbindung von denkmalgeschützter Fassade und einem Innenraum, der eindeutig in der Jetztzeit verortet ist. Mit einer hochmodernen Licht- und Klimatechnik, die dem Haus auch künftig kostbare Leihgaben aus Museen wie dem MoMa, Louvre oder Prado sichern soll und auf verschiedenste Ausstellungskonzepte eingestellt ist. Die Integration von Tageslicht wird etwa die für 2022 geplante Antiken-Schau oder künftige Skulpturenausstellungen optimal in Szene setzen.

Zum Abschied aus der alten Heimat wird ab dem 9. Februar „Welt im Umbruch. Kunst der 20er-Jahre“ präsentiert. Mit „Here We Are Today. Das Bild der Welt in Foto- & Videokunst“ wird ein neues Medium ins neue Bucerius Kunst Forum ziehen. „Kreative wie Shirin Neshat, Herlinde Koelbl, Andreas Gursky und Thomas Demand setzen sich darin mit den zentralen Fragen unserer globalisierten Welt auseinander“, sagt Kuratorin Kathrin Baumstark.

Kooperation mit der Tate London

Ein Höhepunkt dürfte die Herbstausstellung „Disney, Rockwell, Pollock, Warhol. Ikonen Amerikas“ werden, die mit den Grenzen zwischen Kunst, Werbung und Alltagskultur spielt. Durch eine Kooperation mit der Tate London wird eine weitere Schau der Superlative ermöglicht: eine Retrospektive des bedeutenden britischen Gegenwartskünstlers David Hockney (ab 1. Februar 2020), bei der die Möglichkeiten der Wahrnehmung und Darstellung von Realität im Fokus stehen. Man wolle das künftige Ausstellungsspektrum breiter, zeitgenössischer und politischer aufstellen, so Direktor Franz Wilhelm Kaiser, der zuletzt mit seiner Anton-Corbijn-Retrospektive für viel Aufsehen sorgte. 70.000 Besucher lockte die Foto-Schau an. Damit sei man zwar unter den Erwartungen geblieben, so Kaiser, „aber wir haben es geschafft, ein neues, ein jüngeres Publikum anzusprechen.“

Wie überlebenswichtig dies ist, wissen alle Museumsmacher. Auch ein Bucerius Kunst Forum, das durch die Zeit-Stiftung unterstützt und finanziert wird. Dank eines über 30 Jahre laufenden Mietvertrags ist die Existenz am neuen Standort erst mal gesichert. Durch die Einbindung in die Shopping- und Gastrowelt der Passage erhofft man sich auch eine Neubelebung des Museums. So soll der Shop auch außerhalb der Museumszeiten geöffnet bleiben; die Passage wird rund um die Uhr für Besucher zugänglich sein.

Nur eine eigene Gastronomie, wie man sie bisher im Untergeschoss des Forums am Rathausmarkt vorfand, wird es nicht mehr geben. Museumsbesucher sollen die Gastronomie im Erdgeschoss nutzen, zu der es einen eigenen Eingang und auch einen Außenbereich geben wird. Derzeit wird nach einem entsprechenden Mieter gesucht. Denn Kunst macht bekanntlich nicht nur Arbeit, sondern auch hungrig.