Hamburg. Das Bucerius Kunst Forum zeigt, wie intensiv sich Karl Schmidt-Rottluff mit außereuropäischer Kunst auseinandersetzte.

Deutsche Expressionisten waren schon einige Male Thema einer Ausstellung im Bucerius Kunst Forum. Nach Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein ist Karl Schmidt-Rottluff nun der nächste, der hier groß und in unerforschten Aspekten seines Œuvres präsentiert wird. Seine intensive künstlerische Beschäftigung mit afrikanischen und ozeanischen Figuren und Masken steht im Zentrum der Schau.

Die Ausstellung

Präsentiert werden rund 80 Arbeiten von Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) aus mehr als 50 Schaffensjahren, ergänzt durch ethnografische Objekte. Viele, aber nicht alle stammen aus dem Brücke-Museum in Berlin. Die Beziehung der Expressionisten zu Ethnografika sei „ein Generalbass der Moderne“ gewesen, sagt Franz Wilhelm Kaiser, Direktor des Hauses. Es sei deshalb legitim, in der Ausstellung deren kultische Funktionen zu verschweigen, denn „ihre ästhetische Rezeption hat Kunstgeschichte gemacht“. Schmidt-Rottluff war „der erste Deutsche, der auf afrikanische Plastik so radikal reagiert hat“, sagt Magdalena M. Moeller, bis 2017 Direktorin des Brücke-Museums und mit Kathrin Baumstark Kuratorin.

Spannend und erhellend ist die direkte Gegenüberstellung seiner Gemälde mit meist afrikanischen Figuren, Masken, Pfeifenköpfen, Kampfschilden oder Ritualbrettern, die fast ausnahmslos aus Holz geschnitzt wurden. Alle sind sehr ausdrucksvoll. Die afrikanischen und ozeanischen Künstler, aus deren Hand sie stammen, haben darin radikale Formen der Abstraktion umgesetzt – auf eine ästhetische, inspirierende, bis dato völlig unbekannte Weise. Schmidt-Rottluff hat das früh erkannt. Eine Postkarte von 1909 an seinen Maler-Freund Erich Heckel zeigt die Skizze einer Figur aus Kamerun. Von seiner eigenen ethnografischen Sammlung sind rund 100 Stücke erhalten.

Kunstvolle Büffelmaske der Babanki
aus Kamerun
Kunstvolle Büffelmaske der Babanki aus Kamerun © © VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Der Künstler

Karl Schmidt-Rottluff wird 1884 in Chemnitz geboren. Er lernt bereits früh Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner kennen, mit denen er 1905 in Dresden die Künstlergruppe „Brücke“ gründet. Zunächst studiert Schmidt-Rottluff Architektur, er beginnt aber schon früh, zu malen und zu zeichnen. 1910 richtet ihm die Hamburger Galerie Commeter seine erste Einzelausstellung aus, im selben Jahr bezieht er ein Dach-Atelier in der Kleinen Johannisstraße. Da Hamburg der Hauptumschlagplatz für Ethnografika war, liegt es nahe, dass er in dieser Zeit anfing, afrikanische Figuren, Masken und Ähnliches zu kaufen. Karl Schmidt-Rottluff war auf der Suche nach einer neuen, intuitiven Ausdrucksform, die sich von der realistischen Wiedergabe abkehrte und zum Elementaren vordrang. Der Formenreichtum außereuropäischer Kunst- und Kultobjekte wurde zu einer zentralen Inspirationsquelle, wie auch einige Plastiken Schmidt-Rottluffs in der Ausstellung erkennen lassen. In vielen Gemälden tauchen solche Masken und Figuren auf.

Die Höhepunkte

Im Erdgeschoss sind herausragende Holzschnitte und zwei wichtige Plastiken des Künstlers zu finden: ein rot-grüner Kopf und das Holz-Relief „Trauernder“, das Schmidt-Rottluff zum Tod des Hamburger Schriftstellers Richard Dehmel anfertigte. In beiden Werken ist sichtbar, dass er darin Einflüsse afrikanischer Kunst verarbeitet hat.

Magisch schön sind seine Landschaften, die er mit Komplementärkontrasten sehr verwegen kolorierte, was für große Teile seines Werkes gilt. Die Fernwirkung vieler Gemälde mit farblich abgesetzten, intensiv leuchtenden Konturen ist verblüffend. Drei späte Mondlandschaften im Obergeschoss zählen ebenfalls zu den Höhepunkten.

„Karl Schmidt-Rottluff: expressiv,
magisch, fremd“
Bucerius Kunst Forum
(U Rathaus), Rathausmarkt täglich
11.00–19.00, Eintritt 9,-/6,-; 27.1.–21.5.

Das Hamburger Abendblatt bietet eine
exklusive Führung
durch die Ausstellung
am Mo 19.2., 19.30., inklusive Eintritt, Einführungsvortrag, Begrüßungsgetränk und feinem Büfett. Kosten pro Person 40,- zzgl. Gebühren,T. 30 30 98 98 oder direkt in der Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32,
Mo-Fr 9.00–19.00, Sa 10.00–16.00