Hamburg. David Harrington erzählt von den Leiden eines Pianisten – vom Altenheim aufs Kreuzfahrtschiff bis nach Vorpommern.

Es begann quasi staatstragend. Mit dem Marsch Nr. 1 aus Edward Elgars „Pomp & Circumstances“, der heimlichen britischen Nationalhymne „Land Of Hope And Glory“, begrüße David Harrington das Publikum am Freitag zur Premiere seines ersten Soloprogramms im Schmidtchen. „Ein Pianist packt aus“ heißt die musikalische-komödiantische Nummernrevue des Deutsch-Iren, der zehn Jahre lang musikalischer Leiter im Schmidts Tivoli war und eine Hälfte des Klavierduos David & Götz bildet.

Zusammengehalten wurden die rund 25 Musikstücke, die er im Verlaufe des Abends anstimmte, von einer Rahmenhandlung. Er erzählte von einem Musikstudenten, der große Rosinen im Kopf hat, nachdem er an der Musikhochschule sein Diplom als Pianist bestanden hat. Aber dann holt ihn die schnöde Wirklichkeit ein, und er findet sich an der Tastatur eines Seniorenwohnheims wieder, wo er zu Operettennachmittagen aufspielt, an denen sich die alten Leute für das Kuchenbüffett mehr interessieren als für sein Geklimpere.

Einkaufszentrum, Kreuzfahrtschiff – und ein Theater in Vorpommern

Da packt ihn der Zynismus und er singt den „Gehwagen-Walzer“ („geht auch mit Beutel“), aber auch Klassiker wie „Mein kleiner grüner Kaktus“, was vom mitsingfreudigen Publikum durchaus goutiert wurde. Aber sein Abstieg im musikalischen Stationendrama ging noch weiter. Er landet in einem Einkaufszentrum, auf einem Kreuzfahrtschiff, einem Theater in Vorpommern, schließlich beim „Phantom der Oper“ in der Neuen Flora. Da hat Harrington tatsächlich mal gearbeitet. Nirgendwo interessieren sich die Leute so richtig für seine Kunst, er bleibt verkannt.

„Der Onkel macht lala“, sagt eine Frau zu ihrer kleinen Tochter über sein Spiel. Das war fulminant und abwechslungsreich, reichte von Pop über Klassik bis hin zum Schlager. Auch gesanglich konnte er voll überzeugen. Nur bei den Comedy-Einlagen war noch Luft nach oben. Eine Nummer darauf aufzubauen, dass die nicht eben hochklassige Besetzung in der Oper in Stralsund „My Fair Lady“ nur in schwerstem Sächsisch singen kann – na ja. Schließlich landete er in der fiktiven Mitsing-Kneipe „Klimperkasten“ auf dem Kiez. Die Disco-Kugeln an der Decke des Schmidtchen wurden angeworfen und das Publikum endgültig zum vielstimmigen Background-Chor. Ein sicheres Händchen bewies der umjubelte Harrington in seinem von Corny Littmann inszenierten Programm bei der Auswahl des Schlussstücks vor den Zugaben: „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“.

David Harrington: „Ein Pianist packt aus“, Schmidtchen. Spielbudenplatz 27-28. Nächste Vorstellungen: Mi 13.12., Do 13.12., Fr 14.12., Karten zu 23,10 bis 45,10 unter T. 31 77 88 99; tivoli.de