Hamburg . Der Tschaikowsky-Wettbewerb-Sieger debütiert in der Hamburger Elbphilharmonie. Virtuos meistert er ein Programm rund um Chopin.
Es ist schon drei Jahre her, dass Dmitry Masleev den legendären Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau gewann. Doch anders als seinen drei Jahre jüngeren Pianisten-Kollegen Daniil Trifonov, der 2011 in Moskau siegte, erlebt man Dmitry Masleev bislang selten in den großen Konzertsälen der Welt. Jetzt kam er in den kleinen Saal der Elbphilharmonie mit einem Programm rund um Chopin. Vorneweg die frühe Beethoven-Sonate As-Dur Op. 26.
Analytische Herangehensweise
Masleevs Gestaltungswille vermittelt sich sofort, er will etwas zeigen. Man spürt, er hat sich genau mit den Strukturen der Komposition auseinandergesetzt, er kristallisiert wichtige Linien heraus und macht die Bausteine des Stücks verständlich. Hochkonzentriert, mit sparsamen Bewegungen agiert der 30-jährige Pianist. Allein, für Beethoven wünscht man sich doch einen weniger harten Ton, weit mehr dynamische Schichten und mehr Wärme im Klang besonders im Forte.
Chopin scheint Masleev mehr zu liegen. Das b-Moll Nocturne Op. 9 und auch das populäre cis-Moll Nocturne Op. posth. – beide mit weiten melancholischen Melodien – hatten Intensität, und auch hier brachte Masleev mit seiner analytischen Herangehensweise jedes Detail zum Leuchten.
Bei der As-Dur Polonaise staunte man allerdings über ein paar kleine Patzer, noch mehr aber über den groben Zugriff. Es ist schwierig die subtile polnische Noblesse zwischen Melancholie und Heroischem umzusetzen. Ein fast hämmernder Anschlag hilft da wenig. Wie nobel, wie abgewogen, wie berührend spielte der große Arthur Rubinstein dieses Stück!
Rarität im Programm
Auch eine Rarität hatte Masleev im Programm: ein b-Moll Impromptu des mit nur 14 Jahren gestorbenen Chopin-(Lieblings-) Schülers Carl Filtsch. Die Nähe zu Chopins Scherzi ist unüberhörbar, aber auch das riesige Talent des jungen Komponisten. Aufbegehrend düster, mit halsbrecherisch virtuosen Läufen kommt Filtsch’ Impromptus daher. Dmitry Masleev fühlte sich hörbar wohl dabei. Noch mehr aber legte er sich am Schluss ins Zeug bei Liszts „Rhapsodie espagnole“, stürzte sich mit Lust in die wilden, schwierigen Akkord-Kaskaden und erfreute mit zart-sphärischen, glöckchenartigen Pianoklängen. Riesiger Applaus und vier Zugaben.