Hamburg. Doch persönlich konnte der Iraner den Preis im Cinemaxx Dammtor nicht entgegennehmen. Er darf sein Heimatland nicht verlassen.

Die Douglas-Sirk-Preisverleihung musste am Donnerstagabend im Cinemaxx am Dammtor ohne den Preisträger auskommen. Der iranische Regisseur Jafar Panahi („Taxi Teheran“) ist in seiner Heimat mit einem Ausreiseverbot belegt. Deshalb hatte er im Mai schon nicht nach Cannes kommen können, wo sein neuer Film „Drei Gesichter“ Premiere feierte und die Palme für das beste Drehbuch gewann. Ein 20-jähriges Berufsverbot wurde außerdem gegen ihn verhängt. Aber davon lässt sich der 58-Jährige nicht beirren und macht in Guerilla-Manier weiter Filme. Beim Filmfest Hamburg ließ er sich von seiner Tochter Solmaz Panahi und seiner Hauptdarstellerin Behnaz Jafari vertreten.

„Jatun Chali, Aghaye Panaahiye aziz. Ihr Platz ist leer, lieber Herr Panahi!“, begann Isabel Schayani ihre Laudatio. Die deutsch-iranische TV-Journalistin erinnerte daran, dass Panahi bei seinem bekannten Landsmann Abbas Kiarostami gelernt hatte, und analysierte: „Jafar Panahi scheint den Ehrgeiz zu haben, mit seinen Bildern, Filmen und Figuren Menschen tief zu berühren, am besten ihre Seele zu erreichen, und er gibt jenen, die unterdrückt werden oder schwach sind, eine Stimme, ein Gesicht und eine Geschichte.“ 2011 wurde er für drei Monate festgenommen. Mittlerweile hat er trotz des geltenden Berufsverbots vier Filme gedreht.

Panahi bedankt sich per Video

Per Videobotschaft bedankte sich Jafar Panahi beim Hamburger Publikum. „Es geht auch um die Verantwortung des Künstlers“, sagte er. „Wenn ich einen Film gemacht habe, zeige ich ihn nie direkt der Öffentlichkeit, sondern ziehe mich erst einmal zurück und prüfe, ob ich nicht nur angeben wollte.“

 Der iranische Regisseur und Drehbuchautor Jafar Panahi
Der iranische Regisseur und Drehbuchautor Jafar Panahi © AFP/Getty Images | ATTA KENARE

Nach der Preisverleihung wurde „Drei Gesichter“ gezeigt. In dem Film bekommt ein Regisseur namens Jafar Panahi eine Videobotschaft von einer jungen Frau, die zur Schauspielschule gehen möchte. Obwohl sie die Aufnahmeprüfung bestanden hat, wollen ihre Eltern das unterbinden und sie lieber verheiraten. Sie ist verzweifelt und kündigt in dem Video an, sich umzubringen. Das macht eine erfahrene Schauspielerin – Behnaz Jafari, die sich hier ebenfalls selbst spielt – wütend. Gemeinsam mit dem Regisseur macht sie sich im Auto auf zum Heimatort des Mädchens und versucht herauszufinden, was an der Sache dran ist.

Panahi lässt sich nicht einschüchtern

„Solange mein Vater seine Filme drehen kann, ist er optimistisch“, sagt seine Tochter beim Interview vor der Preisverleihung. Das Leben für die Familie aber sei unsicherer geworden, weil ihr Vater schon wiederholt Wände in der Wohnung eingerissen habe, da er Platz zum Drehen brauchte. Das Haus drohe zusammenzubrechen.

Die 29-Jährige lebt als Schmuckdesignerin in Paris. Ihr Bruder Panah und ihre Mutter sind beim Vater in Teheran geblieben. „Ich hätte schon vor Cannes gedacht, diesmal lassen sie ihn ausreisen. Aber sie haben es wieder nicht getan“, sagt sie kopfschüttelnd. Sie nahm schon dort den Preis für ihn entgegen und brachte die Palme zu ihm nach Teheran. Ihr Vater hat sich bislang nicht einschüchtern lassen. Ausgezeichnet wird er nicht nur für seine Filme, sondern auch für seine Haltung.

Behnaz Jafari, ebenfalls für die Preisverleihung angereist, war gerade in Moskau, als ihre Agentin sie anrief und sagte, sie solle sofort nach Teheran kommen: „Herr Panahi hat einen Film für dich!“ Sie flog zurück, las auf dem Weg das Drehbuch. Wenig später begannen die Dreharbeiten. Jafari wurde durch TV-Serien landesweit bekannt. „Fast jeder Schauspieler im Iran würde sofort kommen, wenn Herr Panahi ruft.“ Glaubt sie, dass ein Staat mit Repressionen Künstler wie Panahi zum Schweigen bringen kann? „Niemals!“