Hamburg. Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt in der Ausstellung „Pure Gold“ aus Recycling entstandenes Design.

Das echte Gold des 21. Jahrhunderts, es glitzert nicht. Aber bunt ist es, voller Struktur, verspielt, detailverliebt, ideenreich – und vor allem nachhaltig. Die Rede ist von Gegenständen aus Plastik, Gummi, Kork, Holz, Blech oder Papier, die nach dem Gebrauch nicht einfach auf dem Müll landen, sondern neu gestaltet als Designobjekte fortbestehen, die also benutzt, bestaunt und auch diskutiert werden können. Upcycling heißt dieser Trend, bei dem Kreative alltägliche Konsumgüter in hochwertige Werke verwandeln. Der wirkliche Schatz besteht darin, dass die für die Zukunft wichtigen Ressourcen somit nicht verschwendet werden, sondern – wenn man so will – eine andere Daseinsform annehmen, dass sie weiterleben. Der Reichtum der Welt liegt vor uns, wir müssen ihn nur sehen und gestalten.

Der Titel der nun eröffneten Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe könnte daher treffender nicht sein: „Pure Gold“. Pures Gold. Abfall, Sperrmüll, Schrott, Gerümpel, Lumpen und Ramsch als das wahre Kapital unserer Zeit – eine steile wie schöne These. Und eine, die sich sehen lassen kann: Bis zum 21. Januar zeigen rund 50 mitunter sehr junge Designer im Haus am Steintorplatz ihre Upcycling-Kunst.

Plastik gilt als Prolet unter den Materialien

Da ist zum Beispiel die Arbeit „Cheap Ass Elites“ von Saran Yen Pan­ya. Die Thailänderin hat bei spröden weißen Plastikkisten eine Längswand herausgenommen, sodass eine Art Hartschalensitz entsteht. Darunter montierte sie gedrechselte Stuhlbeine im viktorianischen Stil. Die Kiste, die eher an Transport, Maloche und Plackerei denken lässt, transformierte die Designerin so in ein edel anmutendes Einrichtungsstück, das auch in einem Schloss stehen könnte. Eine feine Auseinandersetzung nicht nur mit dem Stoff­lichen, sondern auch mit Status, mit sozialen Unterschieden.

Das Plastik, das ja eher als Prolet unter den Materialien gilt, wird so im wahrsten Sinne des Wortes aufgemöbelt, wird zu etwas Luxuriösem. Ein gelungener Denkanstoß, all die Hüllen und Verpackungen unseres Alltags nicht als gegeben anzunehmen, sondern wertzuschätzen.

Aus am Strand
gefundenen
Latschen schuf
Diederik Schneemann
den Rolltisch
„Flip Flop“
Aus am Strand gefundenen Latschen schuf Diederik Schneemann den Rolltisch „Flip Flop“ © Martin Minkenberg

Ob aus Pappkartonbrei oder Planken eines Fischerbootes – auffallend viele Sitzmöbel befinden sich in der Schau. Kein Wunder, gesessen wird schließlich immer. Der Nutzen ist sofort erkennbar. Doch die Designer fanden auch andere praktische Formen, etwa Regale, Schmuck, Taschen, Bälle. Von der ägyptischen Association For The Protection Of The Environment stammt ein Leuchter aus gebrauchten Butterfettdosen. Aus dem Blech ausgestanzte Kreise, die an einem Drahtgerüst hängen, bilden den Lampenschirm. Die Markennamen sind nur noch zu erahnen. Ein schönes Spiel mit unserer Konsumgesellschaft, deren Bemühen, stets neue Reize zu schaffen, ja überhaupt erst zum Überschuss an Billig- und Altwaren führt.

Globales Wir schaffen

„Welche kulturellen und handwerklichen Strategien benötigen wir, um ein globales Wir zu schaffen?“, fragte Elke aus dem Moore vom Institut für Auslandsbeziehungen, das die Ausstellung in Auftrag gegeben hat. Nach der Premiere in Hamburg geht „Pure Gold“ auf eine zehnjährige Tournee rund um den Erdball. Die verfremdeten, verformten und umfunktionierten Objekte sind also nicht nur für sich genommen ein Symbol an Nachhaltigkeit, sondern müssen auch schlichtweg lange halten. Kurator Volker Albus betonte daher auch die Flexibilität, mit der die Schau konzipiert sei. „Die nächste Station wird ein Einkaufszentrum in Bangkok sein“, erklärte der Produkt­designer. Wie passend, wenn sich dann die bunte Warenwelt und ihre recycelten Nachfahren gegenüberstehen.

„Pure Gold. Upcycled! Upgraded!“
bis 21.1.18, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz 1, www.mkg-hamburg.de