Hamburg. Der Jazz-Trompeter hat mit „On“ ein neues Album veröffentlicht. Im Herbst stellt der Musiker es im Mojo Club vor.

Eine rappelvolle Konzerthalle und Hunderte davor, die unbedingt noch reinwollen: Für einen Musiker kann es kaum Schöneres geben, und beim diesjährigen Elbjazz-Festival durfte Trompeter Nils Wülker genau diese Erfahrung machen. Sein aktuelles Album „On“ war am Tag zuvor erschienen, da kam so ein Auftritt, eine Live-Feuertaufe des neuen Materials, gerade recht. Und wenn man denen glauben kann, die es tatsächlich hineinschafften, war es ein Triumphzug. Mal wieder.

Eine Legende wie Klaus Doldinger mal außen vor, ist Nils Wülker (39) neben Till Brönner der Star der deutschen Jazz-Szene. Ein eher zurückhaltender Sympathieträger, der seine Worte mit Bedacht wählt und auch deshalb so erfolgreich ist, weil er die vermeintlich engen Genregrenzen immer wieder sprengt. „Ich tue mich schwer damit, eine klare Linie zu ziehen, was Jazz ist und was nicht“, sagt Wülker, der entspannt im Hamburger Büro seiner Plattenfirma Warner Music sitzt und an einem Wasser nippt. Miles Davis, eines seiner großen Vorbilder, sei schließlich auch immer ein Suchender gewesen und habe sich nie damit begnügt, Geschichte zu verwalten.

Zum Jazz kam er durch Hip Hop

Dass er Jazz-Geschichte verwaltet, kann man Wülker in der Tat nicht vorwerfen. Auch auf dem aktuellen Album setzt er wieder ganz auf stilistische Durch­mischung, verbindet souligen Gesang, Rap und Electro-Sounds mit seinem ­typisch sehnsüchtigen Trompetenspiel. Da ist Hip-Hop-Star Marteria ebenso zu hören wie Sänger Rob Summerfield, und als Produzenten saßen unter anderem The Krauts (Peter Fox, Miss Platnum) im Studio.

„Ich habe keinen Bedarf an Glaubenskriegen“, sagt Wülker, der „eine gemeinsame DNA“ von Hip-Hop und Jazz sieht. Wenig verwunderlich, wenn man weiß, dass der Wahl-Münchner, der zwölf Jahre in Hamburg gelebt hat, Anfang der 90er durch den US3-Hit „Cantaloop“ zum Jazz kam. Eine funky Hip-Hop-Nummer, die auf einem ­Sample von Pianist und Keyboarder Herbie Hancock basiert.

Ausverkaufte Konzerte

Wohin die musikalische Reise künftig für ihn geht, ist unklar. „On“ sei ein Statement, das ihn für die nächsten zwei Jahre definiere, zugleich der Endpunkt einer künstlerischen Auseinandersetzung. Was danach kommt? Mal sehen. Klingt nach freier Hand – keine Selbstverständlichkeit im Musik­geschäft.

Doch Wülker wurde einst von Warner-Chef Bernd Dopp persönlich unter Vertrag genommen, das hilft. Ebenso wie ausverkaufte Konzerte und ordentliche Chartplatzierungen. Auch Auszeichnungen – 2013 der Echo Jazz, 2014 der German Jazz Award, 2015 der Hamburger Musikpreis Hans – stärken die eigene Position. Und lassen kühlen Kopf bewahren, wenn es bei den Albumvorbereitungen mal eine Weile nicht rund läuft und Wülker das Gefühl beschleicht, vielleicht sei ja doch alles „für die Tonne“. War es natürlich nicht, wie „On“ über die gesamte Lauflänge von kurzweiligen 45 Minuten zeigt.

Nils Wülker:
„On“
(Warner Music)
Nils Wülker: „On“ (Warner Music) © Warner

Jetzt allerdings gilt es erst einmal, die neuen Nummern unters Jazzvolk zu bringen, etwa durch eine Tour, die auch kleinere Jazz-Hotspots wie Münster, Herford oder Coesfeld abdeckt. Basisarbeit, die ganz direkt belohnt wird, wenn hinterher die Fans am Merchan­dise-Stand stehen und die CD- oder Vinylversion des neuen Albums kaufen – häufig von lokalen Händlern, die im Foyer ihren Stand aufgebaut haben.

Im November kommt Nils Wülker in den Mojo Club, freut sich drauf, träumt aber noch von einer anderen Location. „Der Große Saal der Elbphilharmonie, der wäre was“, sagt er und blickt versonnen. Am liebsten rappelvoll und mit Hunderten davor, die auch noch reinwollen. Hat er ja gerade erst erlebt. Und fühlt sich einfach so gut an ...

Konzert: Do 2.11., Mojo Club, Karten zu 34,80 Euro im Vorverkauf; www.nilswuelker.com