Hamburg. Das Ensemble recherche widmet sein Debüt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie dem Komponisten Morton Feldman.
Wassily Kandinsky war um 1910 einer der ersten Künstler, der musikalische Klänge in Linien, Farben und geometrische Figuren übertrug. Seine revolutionären, die Kunst von historischem Ballast befreienden Gedanken gelangten auch durch die legendäre Avantgarde-Ausstellung „Armory Show“ nach New York, wo sie die dortigen Künstler beeinflussten. Auf das, was in den folgenden Jahrzehnten in der amerikanischen Gegenwartskunst an radikal Neuem entstand, bezog sich nun ein Konzert der NDR-Reihe „das neue werk“ im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Es rückte den US-Komponisten Morton Feldman ins Zentrum, dargeboten von den formidabel aufeinander eingestimmten, absolut überzeugenden Musikern des Ensembles Recherche.
Von allen bisherigen Hörgewohnheiten lösen
Zugegeben: Was hier zu hören war, machte es notwendig, sich von allen bisherigen Hörgewohnheiten zu lösen und unvoreingenommen zuzuhören. Das war interessant, aber auch anstrengend. Feldman bezog sich ausdrücklich auf seine Freunde aus dem Umfeld der abstrakten Expressionisten, Maler wie Jackson Pollock. Seine zart tönenden Gefüge ließen nach und nach Bilder im Kopf entstehen, frei nach dem Prinzip einer Collage. Einzeltöne und Mehrklänge spielten mit dem Sound der jeweiligen Instrumente, mit Tonhöhen, Lautstärken und Bearbeitungsvarianten – von Zupfen über Schlagen, Streichen, Stopfen und freiem Blasen von Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Saxofon.
Filme hatten miserable Qualität
Was er komponierte, könnte man mit dem Kubisten Georges Braque kommentieren: „Setzen Sie einen gelben Fleck auf die Leinwand und in die gegenüberliegende Ecke einen zweiten, so entsteht sogleich eine Beziehung zwischen beiden Flecken.“
Dem zweiten Teil lag die Idee zugrunde, zwei alte Filme über die Maler Willem de Kooning und Jackson Pollock live mit Feldmans Originalmusik zu begleiten, die er dazu komponiert hatte. Das ist spannend, weil es ja gilt, für das neue Konzerthaus auch neue Konzertformen auszuprobieren. Das ambitionierte Projekt scheiterte aber, weil die Filme nicht nur eine miserable Qualität hatten, sondern die Künstler auf der knackenden Tonspur so nuschelten, dass das meiste nicht zu verstehen war und zudem die Musik dominierte. Rund 40 Besucher gingen vorzeitig.