Hamburg. Birgit Scherzer ist neue Intendantin im Allee Theater. Ihre Arbeit als Regisseurin von Verdis „Luisa Miller“ überzeugt.

Seit Beginn der laufenden Spielzeit ist Birgit Scherzer Intendantin des Allee Theaters. Bei der Inszenierung von Verdis „Luisa Miller“, die in der Max-Brauer-Allee Premiere hatte, führte die neue Theaterleiterin nun auch Regie. Mit Erfolg.

Große Opern auf eine Kammerfassung mit gesprochenen Zwischentexten herunterzubrechen, die zugänglich und selbsterklärend ist, ohne die Klassiker dabei zu trivialisieren, scheint (fast) ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Doch mit „Luisa Miller“ nach der Vorlage von Schillers „Kabale und Liebe“ fand Scherzer für ihre erste Inszenierung als Chefin das ideale Stück.

Vertrauen auf die Kraft der Musik

Scherzer hat aus Verdis Oper eine „Dialogfassung nach Friedrich Schiller“ erstellt. Überall dort, wo sie in der Premierenbesetzung so hervorragende Sänger wie Marius Adam und Luminita Andrei zur Verfügung hat, vertraut die Regisseurin ganz auf die Kraft der Musik und bleibt Verdis Fassung treu.

Adam und Andrei als Vater und Luisa Miller sind das Rückgrat dieser Aufführung. Sie zeichnet mit einer Stimme, die für das kleine Haus manchmal schon zu groß ist, die Wandlung vom trippelnden Teenie zur opferbereiten Frau nach; er singt und spielt einen Vater, dessen Liebe und Sorge man in jeder Note und Geste spürt.

Glaubwürdiges Drama

Dort, wo sie Text sprechen lässt, vertraut Scherzer auf die darstellerischen Qualitäten ihres Ensembles und orientiert sich an Schillers Vorlage. Erhalten bleibt so ein glaubwürdiges Drama, dessen Personen uns etwas angehen: ein idealistischer Ferdinand (Richard Neugebauer), ein korrupter Graf Walter (Titus Witt), eine Lady Milford in Torschlusspanik (Feline Knabe) und ein bilderbuchböser Wurm (Piotr Lempa).

Regietheatermätzchen gibt es im Allee Theater nicht. Graf Walter trägt Perücke, und die Milford ist à la Pompadour gestylt – obwohl solch zeitlose Typen eine Aktualisierung sicher vertragen hätten.

Kluge Zurückhaltung übt Bühnenbildnerin Kathrin Kegler. Zwei bewegliche weiße Wände, ein Stuhl und ein Wasserglas als Requisiten genügen ihr, um die Szenerie des Dramas anzudeuten. Und Dirigent Ettore Prandi vervollkommnet weiter seine Kunst, Orchestersätze zur Quintettform zu kondensieren. Dort, wo Luisa ihrem Vater stockend ihre Selbstmordabsicht gesteht, reicht tatsächlich ein trostlos-verlorener Ton des Horns, um die gesamte Spannung zu fokussieren.

So entsteht zu guter Letzt eine „Luisa Miller“ im Taschenformat, bei der Drama und Musik zu ihrem Recht kommen.

„Luisa Miller“ bis 31. März, Fr/Sa/Mi 19.30, So 19.00, Allee Theater (S Altona), Max-Brauer-Allee 76, T. 38 29 59; www.alleetheater.de