Strauss’ Oper kommt an der Staatsoper heraus

Richard Strauss’ Oper heißt zwar „Die Frau ohne Schatten“. Das ist aber auch so ungefähr das Einzige, was in dem Stück nicht vorhanden ist. Ob Märchen, romantische Schaueroper oder Symbolismus, ob Goethes „Faust“ oder die Erzählungen von „Tausendundeiner Nacht“ – im Libretto Hugo von Hofmannsthals dürfen sie alle ­anklingen. Strauss wiederum wäre nicht der mühelos farbig und erzählend Komponierende, hätte er sich von Hofmannsthal den Schneid abkaufen lassen. „Die Frau ­ohne Schatten“ ist Sängerfest und Ausstattungsoper par excellence, als hätten ihre Schöpfer ihr eingeschrieben, dass sie bitte schön nur an den ersten, künstlerisch wie finanziell potentesten Häusern gegeben werden solle.

Die Staatsoper hat sich den Trumm für Mitte April vorgenommen. Regie führt Andreas Kriegenburg, die musikalische Leitung hat Kent Nagano. Die fünf enormen Hauptrollen singen Roberto Saccà, Emily Magee als Kaiser und Kaiserin, Linda Watson als Amme sowie Andrzej Dobber und Lise Lindstrom als Färber und Färberin.

Ein Herrscherpaar auf der einen Seite und auf der anderen ein Ehepaar, das dem Beruf des Mannes nach auf einer der untersten sozialen Hierarchiestufen steht, diese Figurenkonstellation deutet es schon an: Es geht in der Oper unter anderem um Zugehörigkeit. Die Kaiserin entstammt dem Geisterreich; ihr späterer Mann fing sie einst auf der Jagd als Gazelle. Nun ist ihre Zeit unter Menschen auf der Erde beinahe um, und bleiben kann sie nur, wenn sie nach den Drohungen ihres Geistervaters „einen Schatten wirft“, das soll bedeuten, sich als Mutter fühlt.

Aber woher soll sie ihn nehmen? Das Schicksal legt in Gestalt des Geisterkönigs den beiden Paaren eine Reihe von Prüfungen auf, Mozarts „Zauberflöte“ lässt grüßen. Und Strauss fährt auf, was er so zu bieten hat an klingender Überwältigungsmaschinerie: ein Kammerorchester für die Geisterwelt und ein riesiges für die Menschenwelt, samt Tamtams, Kastagnetten, chinesischen Gongs und Glasharmonika. Großer Bahnhof.

Aber dann geschieht das Erstaunliche. Der dramatische Höhepunkt ereignet sich ohne jede Prachtentfaltung. Ihren Verzicht, der den Knoten erst löst, erklärt die Kaiserin nicht singend, sondern sprechend, sie schreit ihn beinahe heraus. Ganz ohne Musik.

„Die Frau ohne Schatten“ 16.4., 18.00, Staatsoper (Premiere). Karten zu 27,- bis 118,- unter T. 35 68 68. Weitere Vorstellungen: 23. und 29.4.; 4. und 7.5., jeweils 18.00