Hamburg. Das erste von zwei ausverkauften Konzerten steht ganz unter dem Songmotto des Hamburgers: “Ich hab noch immer nicht genug“.

„Ich hab noch immer nicht genug“, singt Johannes Oerding und programmatischer hätte sein Auftakt zu zwei ausverkauften Stadtparkkonzerten, an einem wunderbar warmen Sommerwochenende nicht ausfallen können. „Moin Moin Hamburg“, grüßt der Hamburger in Jeans, schwarzem Shirt und Sommerhut und reißt seine zahlreichen Fans von der ersten Liedzeile an zum Mitsingen mit. „Willkommen zum Heimspiel!“

Oerding, mittlerweile 34 Jahre alter Star und lange kein Newcomer mehr, hat sich etwas grundsympathisch Hemdsärmeliges und Volksnahes bewahrt. Er ist jeder Zoll ein moderner Mann mit Mut zu Gefühlen, zu Tiefe in seinen Texten und Songwriting mit Lust. Die unverhohlen ins Pathos neigenden Streicher auf seinem aktuellen Album „Alles brennt“ geben seinen Songs eine neue Dringlichkeit. Hier hat seine jungenhafte Unbeschwertheit ein paar nachdenkliche Töne hinzugewonnen, die ihm gut stehen. „Wenn du lebst“ etwa ist die klare Aufforderung, auch nach Rückschlägen Mut zum Leben zu entwickeln und über Grenzen zu gehen. Unterhaltsam bleibt er immer.

Oerding schüttelt Hände, streift durch die Menge

Songs wie „Immer wieder“, „ Alles brennt“ und auch ältere Hits wie „Einfach nur weg“ und „ Jemanden wie dich“ heizen die Stimmung an. In „Traurig aber war“ sinniert Oerding herrlich ironisch über einen Flirt, bei dem ihm eine Frau offensichtlich die falsche Nummer gegeben hat, „Das Ende ist am Anfang leider nie vorhersehbar“, verbreitet Oerding seine auch in schwierigen Lebenslagen scheinbar unerschütterliche Lebensweisheit.

Er schüttelt Hände, streift durch die Menge bis in die hinteren Reihen und fordert zur fröhlichen Anarchie auf. „Zieht Euch aus, wenn Ihr wollt. Was im Stadtpark passiert, bleibt im Stadtpark!“ Die Band, die ihn zum Teil seit der ersten Stunde begleitet mit Gitarrist und Backgroundsänger Moritz Stahl, Bassist Robin Engelhardt, Pianist Kai Lindner und Schlagzeuger Simon Gattringer kommt in ausführlichen Soli zu Gehör. Superbands wie Coldplay haben es vorgemacht und inzwischen hat auch Johannes Oerding eine zweite Bühne inmitten der Zuschauer.

Man fühlt sich bei dem Songschreiber wie im eigenen Wohnzimmer

Bei dem Songschreiber fühlt man einfach wie im eigenen Wohnzimmer. Egal ob Beziehungsstress oder Reue nach dem Trinkgelage ironisch verpackt werden, oder eben eine Atmosphäre beschworen wird, in der auf einmal alles stimmt und man sein Glück fast nicht fassen kann, stets verbreitet Oerding optimistische Stimmung und es wirkt keine Sekunde überzogen oder unglaubwürdig. Wenn er in „Alles brennt“ die Zeile „Alles wird gut“ singt, will man ihm nur zu gerne glauben.

Der frühe Hit „Wo wir sind, ist oben“ vom Erfolgsalbum „Für immer ab jetzt“ (2013) erweist sich als ein echter Evergreen, der den Rasen zu purer Euphorie mitreißt und kurzzeitig zum Schlager umarrangiert wird. In „Heimat“ beschwört er das Lachen „Ich hab Dich immer bei mir“, singt er und zu Recht fühlen sich alle Hamburger angesprochen. Eine runde Sache.