Hamburg. 4000 Fans feiern die schwäbische Band und ihre eingängigen Ohrwürmer. Es wurde jedoch zwischenzeitlich unfreiwillig komisch.

Irgendwann scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich ein HSV-Fan und ein St.-Pauli-Anhänger, beide in voller Kuttenmontur, auf offenen Bühne Blutsbrüderschaft feiern und tränenüberströmt auf ewig dem Hass zwischen den beiden Clubs abschwören. „Ich möchte, dass ihr alle mit einem guten Gefühl nach Hause geht, dann wäre schon viel erreicht“, appelliert Hartmut Engler zum wiederholten Mal.

Pur hat an diesem Abend schon für Flüchtlinge, für Respekt, für Anstand gesungen, für die Liebe sowieso. 4000 Fans schwenken ihre Hände, Engler könnte an diesem Sonntagabend im natürlich seit Wochen ausverkauften Stadtpark auch sein Mikro abgeben, so textsicher singen sein Publikum. Mit knapp zehn Millionen verkauften Tonträgern ist Pur eine der erfolgreichsten Bands der deutschen Musikgeschichte.

Eingängige Lieder, handwerklich perfekt dargeboten

Erstaunlicherweise scheint indes auch im sehr erweiterten Bekanntenkreis niemand eine Pur-CD zu besitzen, zumindest gibt es niemand zu. Wer Verrisse über die Band sucht, muss in den Weiten des Netz nicht lange surfen. „Die Musik von Pur muss man sich vorstellen wie eine fremde, warme, feuchte Hand, die sich ungefragt auf deinen Oberschenkel legt“, hat der Satiriker Wiglaf Droste einmal gesagt. Das ist böse, sehr böse. Und manches dürfte auch an diesem Abend in Drostes Bild passen. Die Sängerin der Vorgruppe, die erzählt, dass ihre allererste CD natürlich von Pur war, erworben im Alter von zehn Jahren.

Die Welle, die die Band auf der Bühne für die begleitenden Roadies macht, die Techniker, schwärmt Engler, würden inzwischen den Soundcheck ohne die Band machen. Als er seine Kollegen vorstellt, hängt er an jeden Namen noch die Silbe pur, das ist dann doch an der Grenze. Und wenn die Fans den Gassenhauer Abenteuerland singen, wird es unfreiwillig komisch: „Komm mit mir ins Abenteuerland, der Eintritt kostet den Verstand.“

Andererseits ist das alles nicht fair. Pur bietet das, was Engler einmal „Musik für die schweigende Mehrheit“ genannt hat. Eingängige Lieder, handwerklich perfekt dargeboten. Der Name ist schon Programm. Pur verzichtet auf jeden Schnick-Schnack, Engler und seine Freunde brauchen keine ausgefeilte Light-Show, keine überraschenden Arrangements, um 4000 Fans restlos glücklich zu machen. Und nicht nur die. Draußen im Park verbringen Hunderte den Abend, schmusend, grillend, auf jeden Fall beseelt. Womit Pur mehr erreicht hat als die meisten anderen Bands.