Hamburg. 1000 Gäste aus der Branche feiern auf dem Süllberg. Erstmals präsentiert sich der neue, weiblichere Vorstand des Presseclubs.

Zu einer gelungenen Veränderung gehört das Wissen, dass man weiß, wo es hingehen soll. Das ist schneller gesagt als in die Tat umgesetzt. Aber wenn der Journalismus eines in den vergangenen Jahren (teils schmerzhaft) gelernt hat, dann ist es das Bekenntnis zu Entscheidungsfreudigkeit, Einfallsreichtum und Flexibilität. Das gilt für große Verlagshäuser ebenso wie für einzelne Schreiber – und auch für eine ehrwürdige Institution wie den Allgemeinen Hamburger Presseclub, gegründet 1970 und mit rund 800 Mitgliedern der größte seiner Art im deutschsprachigen Raum.

Wie aber macht man einen Großverein mit lang gehegter Tradition fit für die Zukunft? Zum Beispiel, indem man neue Mitglieder in den Vorstand beruft. So geschehen auf der Mitgliederversammlung vor rund vier Wochen.

Bei der „Nacht der Medien“ präsentierte sich erstmals der neue Vorstand

Am Freitagabend präsentierten sich die 18 Vorstandsmitglieder aus allen etablierten Hamburger Medienhäusern erstmals gemeinsam bei der „Nacht der Medien“, der alljährlichen Lieblingsveranstaltung der Branche auf dem Süllberg, bei der die Stimmung immer so gut, das Wetter dagegen oft launisch ist.

„Wir waren in der Vergangenheit zu männlich aufgestellt. Nun haben wir uns verjüngt und bewusst Frauen in den Vorstand geholt“, beschreibt Presseclub-Präsident Klaus Ebert die Neuausrichtung des Vereins. All dies mit dem langfristigen Ziel, Strukturen aufzubrechen, den Horizont zu öffnen, ein zeitgemäßes Abbild der Branche widerzuspiegeln.

Zu den Vertreterinnen des Presseclubs gehören nun etwa Susanne Beyer, seit 2015 stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin, und Cordula Schmitz, stellvertretende Redaktionsleitung Brigitte Digital. Erstmals im Vorstand vertreten sind die Unternehmen Google (Kay Oberbeck) und Facebook (Tina Kulow). Langjährige Presseclub-Vertreter und versierte Netzwerker wie Thomas Osterkorn (ehemaliger „Stern“-Chef), Joachim Knuth (NDR), Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider und „Bild“-Chefredakteuerin Tanit Koch komplettieren unter anderen die Vorstandsriege. Das Motto: Auf die Mischung kommt es an.

„In Hamburg werden Dinge gemacht, es wird nicht nur darüber geredet“

„Die neue Zusammensetzung des Vorstands bildet auch die feministische Bewegung im Journalismus aus den letzten Jahren ab. Und die hatte ihren Ursprung mit der Gründung von Pro Quote ja nicht zufällig auch in Hamburg“, sagt „Spiegel“-Journalistin Beyer. Man habe in dieser Hinsicht „eine ganze Menge erreicht, aber sicher noch nicht genug“, sagt Digitalexpertin Schmitz, die vor ihrem Umzug nach Hamburg 14 Jahre in Berlin gearbeitet hat. Sie habe das Gefühl, dass im Hamburger Journalismus derzeit eine Menge passiere: „Hamburg brodelt. Neben den etablierten Verlagen sitzen Google, Facebook und bald auch Dropbox hier. In Hamburg werden Dinge gemacht, es wird nicht nur darüber geredet“, so Schmitz. Künftig wolle man sich noch offensiver der Hauptstadt öffnen: „Wir wollen die Vernetzung in noch größerem Stil betreiben, jünger und auch agiler werden.“

Bei den monatlichen Veranstaltungen, auf denen sich hochkarätige Journalisten wie „SZ“-Investigativlegende Hans Leyendecker den Fragen der Mitglieder stellen, will der Presseclub laut Präsident Ebert flexibler werden, abwechslungsreicher. Wechselnde Austragungsorte – jeweils bei dem Verlag oder Unternehmen, das im Fokus des Gesprächs steht –, mehr Interaktion und Verbreitung über die sozialen Netzwerke heißen hier die Schlagworte. Insgesamt gilt: „Wir wollen nicht nur reagieren, sondern vermehrt agieren.“

„Alle Medienhäuser beschäftigt der digitale Wandel. Hier können wir voneinander lernen“, sagt Beyer. Gleiches gilt für den Umgang mit Kritik, die Kommunikation mit dem Leser, Glaubwürdigkeit in Zeiten von „Lügenpresse“-Vorwürfen. „Das Wichtigste in diesem Zusammenhang ist, dass wir uns immer wieder neu selber befragen“, sagt Beyer, die deutlich mehr Chancen als Risiken für den Journalismus sieht: „In politischen Zeiten, die so kompliziert sind, braucht es Leute, die sie erklären und einordnen können.“ Mut sei unabdingbar, findet Digital-Journalistin Schmitz: „Man muss Risiken eingehen. Man darf auch scheitern – man muss nur schnell aufstehen und weitermachen. Das haben viele Medienhäuser in Hamburg begriffen und setzen es auch um.“

So feierten rund 1000 Gäste auf dem Süllberg bei Köstlichkeiten von Karlheinz Hauser. „Journalisten wollen gern quatschen und dabei gut essen und trinken“, bringt es Presseclub-Präsident Klaus Ebert auf den Punkt. Manche Dinge ändern sich eben nie.