Hamburg. Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen spielen heute bei den Privattheatertagen in Neil LaButes „Lieber schön“ in den Kammerspielen.

Beide sind dank ihrer Rollen im Fernsehen populär geworden, beide werden aber auch immer wieder als Theaterschauspieler engagiert – und das vor allem gemeinsam: Als solche sind Tanja Wedhorn, einst Titelheldin der ersten deutschen Telenovela „Bianca – Wege zum Glück“ und später Hauptfigur der Filmreihe „Meine wunderbare Familie“ (jeweils im ZDF), und der Bremer „Tatort“-Ermittler Oliver Mommsen alias Nils Stedefreund fast schon Stammgäste der bundesweiten Privattheatertage auf den Hamburger Bühnen.

Nach 2012 in Neil LaButes „Fettes Schwein“ und in der 2013 prämierten schottischen musikalischen Komödie „Eine Sommernacht“ sind die beiden Wahlberliner mit LaButes Stück „Lieber schön“ von der Komödie Kurfürstendamm bereits zum dritten Mal für den Monica-Bleibtreu-Preis in der Kategorie Komödie nominiert.

Frau Wedhorn, Herr Mommsen, ist die Nominierung eher Bürde oder Freude?

Tanja Wedhorn: Eine Riesenfreude! Dass uns die reisende Jury für „einladungswürdig“ hält, ist großartig. Umso mehr, weil wir wissen, wie einmalig schön die Stimmung bei den Privattheatertagen ist. Dass kurz vor dem Auftritt die Sache ganz anders aussieht und die „Bürde“ durchschlägt, steht auf einem ganz anderen Blatt ...

Oliver Mommse n: Von wegen Bürde. Das ist ein Fest. Es ist zwar jedes Mal ein ziemlicher Akt, alles wieder aus dem Hirnkeller hervorzukramen, und die Aufregung schnürt einem im Vorfeld manchmal die Kehle zu, aber es tut in der Seele gut, sich auf das Abenteuer einzulassen und für diesen einen Abend noch einmal alles zu geben.

Sie haben die Gala mit der Preisverleihung in den Hamburger Kammerspielen 2014 ja selbst äußerst launig und charmant moderiert. Was macht für Sie den Reiz der Privattheatertage aus?

Mommsen : Durch die Moderation wissen Tanja und ich, wie viel Herzblut und Leidenschaft den Vorstellungen vorausgehe­n. Vom Entdecken der Produktionen bis hin zur großen Preisverleihung sind echt eine Menge Menschen unterwegs und beteiligt. Das imponiert mir mächtig, und diese Leidenschaft spürt man.

Wedhorn : Total! Was mich zudem umgehauen hat, ist das Niveau der eingeladenen Inszenierungen. Das hatte ich nicht erwartet. Dass den privaten Bühnen eine solche einmalige Plattform gegeben wird, ist fantastisch und dringend nötig.

Schon lange vor den Privattheatertagen hatten Sie in der E-Mail-Romanze „Gut gegen Nordwind“ in Berlin zwei Liebende gespielt, danach „Eine Sommernacht“ in Berlin, hier in der Komödie Winterhude und zuletzt noch auf Tournee. Warum sieht man Sie immer wieder zusammen auf der Bühne?

Mommsen : Ich mache einfach, was Frau Wedhorn sagt, und versuche ihr nicht im Weg zu stehen – und zack läuft’s auf der Bühne.

Wedhorn : Sehr angenehmes Arbeiten, wenn Sie mich fragen.

Werden Ihre Ehepartner nicht langsam eifersüchtig, wenn Sie so oft zusammen unterwegs sind?

Mommsen : Nö, die sind froh, dass sie uns los sind und in guten Händen ­wissen.

Wedhorn : Du bist verheiratet?

Was schätzen Sie besonders an Ihrem Bühnenpartner respektive an Ihrer Bühnenpartnerin?

Mommsen : Bei Tanja geht es immer um die Sache. Keine Spielchen, kaum Eitelkeiten und unendlich viel Humor! Ich würde ihr wirklich gerne mal aus dem Zuschauerraum zuschauen.

Wedhorn : Ich hätte jetzt bei Herrn Mommsen im Grunde die gleichen Dinge aufgezählt. Oli ist schnell, immer vorbereitet, mitreißend positiv, und wir lachen tatsächlich ziemlich viel zusammen – über den anderen und über uns selbst.

Und – mal raus mit der Sprache – was gefällt Ihnen am anderen weniger?

Mommsen : Sie kann so verdammt stur sein, dass ich durchdrehen könnte.

Wedhorn : Tut er dann auch. Und da ich mich in den Momenten gar nicht als stur empfunden habe, kommt Olis ­Ausbruch dann etwas unerwartet und heftig.

In LaButes Stück „Lieber schön“ geht es wieder mal um eine Beziehungsgeschichte sowie um überhöhte Schönheitsideale. Herr Mommsen, Sie spielen den Greg, dem die Freundin davonläuft, nachdem sie deren Gesicht als „normal“ bezeichnet haben …

Mommsen : Vollkommen überreagiert. Meine Güte, das Gesicht ist doch nicht alles. Was nützt mir eine wunderschöne Frau, mit der man keine Pferde stehlen kann? Dann doch lieber Abzüge in der Pflicht, aber eine ergreifende Kür!

Wedhorn : „Ergreifende Kür“ – das hast du aber sehr schön gesagt!

Frau Wedhorn, ist die Reaktion Ihrer Figur Steph, indem sie die Koffer packt, nicht reichlich überzogen? Müssen Frauen so reagieren?

Wedhorn : Total überzogen! Schrecklich zickig! Furchtbar! Damit Steph für mich überhaupt geht, musste ich mir das ganze Elend größer bauen: Mit diesem, eigentlich nur ihr Gesicht meinendes „normal“ wird ihr klar, dass Greg ihre Beziehung angenehm durchschnittlich findet, während sie ihn wirklich liebt, sich seit vier Jahren alles schönredet und hofft, dass er gefühlsmäßig zu ihr aufschließt. Aber ganz ehrlich, es macht so einen Spaß, dieses hysterische Weib zu spielen. Und nein, Frauen müssen nicht so sein, sind auch selten so. Bei Herrn LaBute aber häufiger ...

Wodurch zeichnen sich LaButes Stücke wie „Fettes Schwein“ oder jetzt „Lieber schön“ denn aus? Sind zeitgenössische US-amerikanische Autoren wie er womöglich zynischer als etwa französische oder deutschsprachige wie etwa ein Daniel Glattauer?

Mommsen : LaBute zieht nicht am Ende den Schwanz ein und fummelt verzweifelt ein Happy End zusammen. Er schaut den Menschen um sich herum sehr genau auf den Mund. Und am Ende bleibt es bei ihm ungemütlich.

Wedhorn : Stimmt. Wir gehen jeden Abend ein bisschen geprügelt von der Bühne – und zwar alle vier Beteiligten.

Und was sagen Sie (beide !) eigentlich dazu, dass Mommsen alias Stedefreund bei einer Umfrage jüngst zu Deutschlands attraktivsten „Tatort“-Kommissar gewählt wurde – noch vor Til Schweiger …?

Wedhorn : Eine Steilvorlage!

Mommsen: Seitdem werde ich von meiner hochgeschätzten Kollegin nur noch veräppelt.

Wedhorn : Aber gewählt hätte ich dich auch!

„Lieber schön“ Do 30.6., 20.00, Hamburger Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstr. 9–11, wenige Restkarten zu 9,- bis 29,- in der Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, Ticket-Hotline T. 30 30 98 98, oder an der Ak.; komplettes Programm bis 3. Juli: www.privattheatertage.de