Hamburg. Roger Vontobels Opernregie-Debüt mit Rossinis Spätwerk verfehlte immer wieder das Klassenziel und erntete erboste Buh-Rufe.

Schön war das nicht. Erst recht nicht, da diese Inszenierung nicht auf einer Regionalliga-Bühne verunfallte, und ganz besonders deswegen nicht, weil der Regisseur Schweizer ist. Doch Roger Vontobel, seit Jahren an renommierten Sprechtheater-Häusern aktiv, verschoss am Sonntag bei seiner ersten Opern-Arbeit sein Pulver weit unterhalb des Klassenziels.

Rossinis „Guillaume Tell“, die legendäre Geschichte also mit dem Freiheitskämpfer, dem Apfel und der Armbrust und dem Rütli-Schwur, so ziemlich das Allerheiligste für das helvetische Gemüt. Und ausgerechnet diese Premiere ging szenisch immer wieder unschön daneben: Tells Schuss auf das Obst, symbolischer Startschuss seines Aufstands gegen die fremden Mächte, fiel auf besonders abstruse Weise aus. Arnolds Vater Melchthal, von den Habsburgern gemeuchelt, war es im Jenseits offenbar zu fade, so dass er blutverkrustet weiter durchs Bühnenbild spukte, das vor allem aus Ferdinand Hodlers pathosprallem Historiengemälde „Einmütigkeit“ bestand.

Pinsel statt Armbrust

Und Tell selbst? Der war hier ohnehin kein Tyrannen-Bekämpfer wie aus dem Bilderbuch, sondern zunächst nur ein rentengrenzennaher, pfeifchenschmauchender Restaurator dieses Breitwand-Bilds. Weswegen er den Landvogt Gessler kurz vor dem „Freiheit!“-Finale auch nicht mit der Armbrust erledigte, sondern als Rache für das Schwärzen des patriotischen Kunstwerks mit Farbe zu Tode bepinselte. Nicht nur dafür gab es am Ende erboste Buh-Rufe für Vontobel und sein Inszenierungsteam.

Gabriele Ferro hatte dazu einen Rossini mittlerer orchestraler Begeisterungskraft herunterdirigiert. Der Spaß am Stück, das überstraff gekürzt worden war, kam eher aus den großen Chorszenen, effektsicher von Chordirektor Eberhard Friedrich ins schummrige Einheits-Tableau sortiert. Stimmlicher Lichtblick des Abends war neben Christina Gansch als Tells Junior Gemmy und Yosep Kang als Arnold vor allem Guanqun Yu als Mathilde. Sergei Leiferkus’ Tell hätte man mehr Virilität gewünscht. Und Rossinis Meisterwerk einen anderen Regisseur.

Eine ausführliche Kritik lesen Sie in der Dienstag-Ausgabe vom Hamburger Abendblatt.

Weitere Termine: 9./12./16./19./22./26.3. Infos: www.staatsoper-hamburg.de