Hamburg. Der Bühnen-Chef sagt: Mit Flüchtlingen solle man nicht naiv umgehen. Doch sie würden zum Teil “widerlich“ instrumentalisiert.
Joachim Lux, der Intendant des Hamburger Thalia Theaters, ist ein entschiedener Verfechter politischen Theaters. Dabei sieht er jedoch durchaus die Gefahr „politischer Korrektheit“ gegeben. „Wenn jetzt etwa alle ihr Herz in einer naiven Weise für die Flüchtlinge öffnen, ist das weder politisch noch für die Kunst wirklich gut“, sagte Lux, 58, der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Wir sind dazu aufgerufen, auch mit Widersprüchen und Unangenehmem umzugehen. Das ist ein ganz schweres Feld, weil Stellungnahmen und Ereignisse momentan auf oft widerliche Art instrumentalisiert werden“, erklärte der Bühnenchef.
Bis zum 7. Februar ist Lux Gastgeber der siebten Lessingtage in der Hansestadt. Gastspiele, Eigenproduktionen und Sonderveranstaltungen rund um das gesellschaftspolitische Thema „Das neue Wir“ stehen auf dem Programm.
Zur Eröffnung des Kulturfestivals erklärte der Intendant sein Theaterverständnis: „Unsere Qualität ist meist nicht, extrem kurzfristig auf aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen zu reagieren – dafür gibt es Journalisten. Vielmehr können wir Strömungen und Probleme aufgreifen und künstlerisch verarbeiten. Das braucht ein bisschen Zeit – dann sind wir manchmal ganz gut.“
Flüchtlingsleid etwa sei eine uralte, archetypische Menschheitserfahrung, sagte Lux. Daher hätten Bühnen die Möglichkeit, jenseits von Tagesaktualität damit umzugehen.
Lux will auch unpolitische Aufführungen gelten lassen: „Selbstverständlich. Künstlerische Arbeit legitimiert sich nicht nur über die vielbeschworene gesellschaftliche Relevanz. Es geht auch um Spiel, Literatur, Poesie oder unser kulturelles Gedächtnis. Und für all das gibt es unzählige künstlerische Ausdrucksformen“, sagte er. „Momentan interessieren sich tatsächliche viele Theaterleute aus ebenso guten wie naheliegenden Gründen dafür, wie unser Gemeinwesen sozial verfasst ist beziehungsweise sein könnte.“